Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Dienstag, 1. April 2014

Flipper auf der Flucht

16 Grad. So frisch ist das Meer. Der Neoprenanzug schlackert eher um meine Arme, als dass er sich wärmend anschmiegt. Und wer alles schon vor mir den Schnorchel im Mund hatte, will ich auch gar nicht wissen. Die Zeit hab ich auch gar nicht, denn erstens kämpfe ich noch gegen die Wellen und das ungewohnte Gefühl, Flossen an den Füßen zu haben und zweitens sehe ich das Objekt meiner Begierde nicht mehr. Wie etwas hilflose Fische planschen wir umher. Wir - das sind vielleicht 20 andere erwachsene Menschen, die sich ganz aufgeregt in Neoprener gequetscht haben, erst am Schluss feststellen, dass sie das Ding falschrum anhaben und dann unbeholfen in großen Flossen zum Bootsende watscheln, dabei immer panisch zur Seite blicken, denn dort sind sie noch zu sehen: drei, vier Rückenflossen, graue Körper, die immer mal wieder etwas auftauchen, aber gerade nur noch eine Richtung kennen: Weg vom Boot. Familie Flipper reißt aus.

Da sind sie noch zu sehen...

Da sind'se weg...
Haimon beobachtet das ganze vom Deck aus, er war nicht so heiß drauf, im kalten Wasser nach Delfinen zu fischen, und einer muss ja schließlich den schlummernden Oskar in der Manduca tragen. Es muss tragisch ausgesehen haben. Als alle Schwimmer im Wasser waren, waren die Delfine weg, da half kein Kraulstil, kein unter-Wasser-in-den-Schnorchel-Pusten (laut unserem Skipper mögen die Flippers dieses Geräusch). Weg, einfach weg. Nach vielleicht zehn Minuten im Wasser und strenger Einweisung, wer wie zum Schiff zurückschwimmen und rausklettern darf, bibbern wieder alle an Deck. Es gibt warmen Tee, Kaffee und Kakao. Kleine Trostbringer. Doch die Stimmung ist immer noch gut. Schließlich haben wir sie gesehen!




Sie waren plötzlich da, die Rückenflossen. Nicht viele, aber trotzdem beeindruckend, wie sich die Delfine dem Boot näherten, mitschwammen, untertauchten, ganz nah am Boot wieder auftauchten, knapp vor uns durchs Wasser schossen, abbogen, wiederkamen. Da war die Möwe plötzlich ganz vergessen, die uns bis dahin unterhalten hatte, indem sie konstant über uns schwebte, fast konnte man sie anfassen. Nein, so ein Federvieh konnte nicht anstinken gegen die wunderschönen Grauen unten im Wasser. Nur spielen wollten sie nicht mit uns, schade. Wir treffen sie nochmal wieder, wenig später, da tollen sie herum im Wasser, jetzt scheinen sie Lust und Laune zu haben. Doch die Wellen sind zu hoch, wir hätten da weniger Lust und Laune. Also schauen wir nur zu, bewundern einmal mehr, wie elegant sie durchs Wasser ziehen. Und nehmen leicht wehmütig Abschied. Gut, wir stehen am Anfang unserer Reise, sag ich mir. Spätestens am Schluss, in Kaikoura, dürften wir doch nochmal zum Zug kommen und mit den lustigen Meeressäugern baden können...






Glücklich wieder an Land sind wir froh, die Fahrt gewagt zu haben. Das Wetter hat gehalten, die See war nicht wirklich rau und das Panorama nebenbei auch sehr schön. Oskar durfte hin und wieder sogar rumkrabbeln und hat ansonsten recht brav in der Manduca gesessen und auch geschlafen. Alles super. Wir beschließen, noch heute weiterzufahren, denn der Strand in Paihia überzeugt uns nicht wirklich. Also hinauf zur Doubtless Bay. Oskar erholt sich nochmal, bevor ihm das Gefahre dann doch zu viel wird, die Sonne blendet, Papa findet den angeblich kostenfreien Campingplatz nicht (den gab es mal, aber nun darf man in den Dünen nicht mehr stehen...) und die Schotterstraße quält uns und das Auto mit einem Schlagloch am nächsten. Und doch wagen wir uns weiter hinaus als Whatuwhiwhi (sprich: Fatufiffi), den letzten besiedelten Ort an der Straße. Und wir werden belohnt. Mit einem wunderschön gelegenen Platz des DOC, des Department of Conservation, der neuseeländischen Naturschutzbehörde. Maitai Bay ist ein Paradies. Wir sind fast allein auf dem riesigen Platz, und am riesigen halbmondförmigen Strand ist gar keiner mehr zu sehen. Die Sonne steht schon tief, taucht alles in goldenes Licht. Wer denkt da noch an fliehende Delfine?


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