Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Montag, 31. März 2014

Zurück ans Meer

Das vertrackte am Linksverkehr und den darauf ausgerichteten Autos ist, dass man nicht recht weiß, wie breit der eigene Wagen nun wirklich ist. Denn zuhause kommt links neben dem Fahrer nix mehr außer der Autotür. Hier geht's links aber erstmal los mit dem Auto! Solange wir über die Wiese rumpeln, zurück auf die Straße, ist das noch egal. Blöder wird's draußen auf der Gravel road, der Schotterstraße. Denn die hat links einen Straßengraben, dem ich mich offenbar ab und ab zu sehr nähere, wie ich an Haimons entsetztem Gesicht meine zu sehen, wenn ich denn mal den Mut aufbringe, rüberzugucken. Oskar findet es generell doof, dass Mama nun nicht Händchen hält und Späßchen mit ihm macht, sondern schwitzend am Lenkrad dreht und grad flucht, weil sie die Spur nicht getroffen hat und nun über den Schotter schwimmt, das Geschirr hinten bedenklich scheppert und Haimon undefinierbare, aber erkennbar besorgte Laute von sich gibt. Wenig später geht es zwar auf Asphalt weiter, dafür aber recht kurvig. Damit wären wir bei einer weiteren Erkenntnis: Neuseelands Straßen bestehen aus Kurven. Fast nur! Irgendwann sind wir wieder auf dem großen Highway, es rollt. Nicht lange. Denn da steht tatsächlich ein Männlein und dreht ein Schild um, Stop. Eine Baustelle. Die Sonne knallt aufs Auto, uns wird heiß und heißer, aber wir müssen warten, Motor aus. nach fast zehn Minuten Neidisch Gucken auf den rollenden Gegenverkehr dürfen auch wir wieder los. Handbremse lösen, na, mit links! Abbiegen, blinken? Haimon ruft nur "die andere Seite!", erntet ein gereiztes "Hä?", weil ich mir sicher bin, wohin ich fahren muss, doch in dem Moment wischelt auch schon der Scheibenwischer und ich verstehe, was Haimon meinte - der Blinker ist auf der anderen Seite ;-)


Unser Zwischenziel heißt Kawakawa. Auch eine Pflanze heißt so, ihr wird beruhigende Wirkung nachgesagt. Kawakawa hat auch viel davon. Es ist ein verschlafenes Nest, durch das sich eine große Straße schlängelt, auf der Schienen verlegt sind. Für Touristen fährt hier auch ein Zug lang, nur wir haben kein Glück, es ist kein Wochenende. Was soll's, dafür gibt es in Kawakawa aber eine nette Skurilität: Öffentliche Toiletten, die von Hundertwasser gestaltet wurden. Der lebte nämlich gern in Neuseeland. Und zum Leben braucht man ein Klo!



Nachdem wir die, wie übrigens fast überall in Neuseeland kostenlosen, Toiletten ausgiebig bewundert hatten, suchten wir uns was zum Mittag. Und landeten in einem Fast Food Laden, denn irgendwie gab es nur sowas. Und Oskar? Fand's mal wieder gut. Pommes mit Mayo könnte es ab sofort ständig geben! Mit den Hühnerschenkeln muss er sich allerdings noch anfreunden... 




Den Rest der Fahrt nach Paihia an der Bay of islands übernahm Haimon wieder und Oskar entschlummerte sofort kommentarlos an meinem Arm. Vorsorglich hielt er noch meine Hand fest. Nicht, dass ich auf dumme Ideen komme! Auch aus anderen Gründen hat sich diese Aufteilung besser bewährt: Ich kann besser lotsen (dirigieren?!), Haimon besser fahren. Nur selten tauschten wir nochmal die Plätze.

In Paihia bzw. eigentlich etwas außerhalb, kurz vor Waitangi, dem Geburtsort der Nation, buchten wir uns auf einem netten Platz ein, mit Blick auf einen Fluss und ein altes, zum Restaurant umgebautes Segelboot. Ich wollte aber schnellstens in den Ort, denn hier sitzen die Touranbieter, die uns raus aufs Meer bringen sollten, zu den Delfinen. Denn das stand ganz oben auf meiner Wunschliste: Delfine sehen und mit ihnen schwimmen! Mit diesem festen Vorsatz betrat ich das Büro eines Veranstalters, Haimon mit dem krakelenden Ossi hinterher. Eine nette ältere Dame machte ein ernstes Gesicht. Also...bei DEM Seegang, hm hm hm...mit Kind... hm hm hm... Ist mir doch alles scheißegal, Delfine, Delfine, Delfine!, schrie mein egoistisches inneres Ich. Das mütterliche Ich war kurz ausgeschaltet, besann sich wieder und meinte gut, dann heute nicht mehr, aber morgen?! Hm hm hm. Auch nicht viel besser.  Scheißegal, ich will aber, stampfe mein inneres Ich mit den Füßen. Und gewann. Wir spazierten wieder raus, mit der Buchung für den nächsten Tag. Und probierten gleich mal den Seegang aus. Rüber nach Russell, einem süßen Städtchen, gut mit der Fähre zu erreichen. Naja. Oskar war ganz verzückt vom bisschen Geschaukel und den glitzernden Wellen. Dann packt er das morgen auch, Punkt. 

Wenn Neuseeland eines nicht hat, dann sind es historische Sehenswürdigkeiten. Selbst die Maori, die ersten Einwohner der Inseln, die aus Polynesien kamen, wohnen hier erst seit knapp 800 Jahren. Somit war es recht lustig, das einzige historische Gebäude Russells zu suchen, eine Holzkirche. Erstmal standen wir vor der falschen. Sah aber auch alt aus. Dann fanden wir sie aber doch noch, gleich um die Ecke von der ältesten Tankstelle des Landes. Herrlich. Schön war sie aber trotzdem. Also, die Kirche.



Am späten Nachmittag mussten wir noch einkaufen, der Supermarkt lag auf dem Weg, also fluggs hinein, einkaufen, wieder raus. Und wieder Regen. Also abwarten. Aber lange warten mussten wir nicht - eine Neuseeländerin hatte Erbarmen. Ein Blick auf Oskar im Wagen erweichte ihr Herz. Guys, come with me. Und wenig später saßen wir in ihrer Familienkutsche und wurden bis vor die Tür gefahren. Kiwis, we love you!

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