Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Freitag, 28. März 2014

Alles Rundweg, oder?

Wind und Meer werden eingetauscht gegen Höhlen und Glühwürmchen. So der Plan. Wir verlassen unseren schönen Platz in Muriwai Richtung Norden, wir wollen nach Waipu. Noch bauen wir dafür unseren Camper hinten um, das Bett macht zwei Bänken und einem Tisch Platz. Und rumpeln los. Bis zum nächsten großen Supermarkt namens Pak'nSave. Schwarz-gelbes Einkaufsparadies mit riesigen Regalen, in denen riesige Kartons, Flaschen, Beutel stehen: Eine lange Reihe Wein, eine lange Reihe Chips, eine lange Reihe Toastbrot. Oskar sitzt im Einkaufswagen, schlenkert mit den Beinchen und strahlt die Neuseeländer an. Er verpasst auch keine Gelegenheit, seine "beautiful blue eyes" und das "very cute smile" zu präsentieren, während wir über manche Preise staunen. Käse sauteuer, Rinderfilet spottbillig. Unser Speiseplan steht ;-)

Autofahren ist anstrengend!

Die Glühwürmchen-Höhlen von Waipu sind eine kostenlose Alternative zu dem Touristenmagneten Waitomo südlich von Auckland. Nicht so riesig, dafür aber völlig naturbelassen, man muss schon selbst durchstapfen, die Taschenlampe selbst halten, dem Wasser alleine ausweichen. Und vor allem - die Anfahrt ist fast gar nicht ausgeschildert. Zum Glück hatte ich vorher im Internet eine Beschreibung gefunden, dank an www.weltwunderer.de. Denn selbst Haimons Handykarten zeigten keinerlei Hinweise. Wir bogen also rund 40 Kilometer vor Whangarei ab. Das Böse dabei: Man darf nicht auf die Waipu Cove Road fahren. Cove (Bucht) ist nicht gleich Cave (Höhle)! Ich weiß nicht, wie oft ich die beiden Worte erst ausgesprochen und dann gebrüllt habe, weil ich keinen Nerv mehr hatte, Haimon davon zu überzeugen, jetzt nicht aufs Handy zu gucken, sondern mir mal zu glauben. Immerhin, auch dank der Hilfe netter Einheimischer, haben wir die Höhlen gefunden, hoppelten schön über Schotterpisten da hin. 

Und waren erstmal allein, eine grüne Wiese vor uns, dahinter ein Hügel, dort sollte also die Höhle sein. Perfekt ausgerüstet mit unseren Stirnlampen und dem schon schläfrigen Oskar in der Manduca marschierten wir schnurstraks zum Eingang. Überholt wurden wir von ein paar Teenagern. Die Mädels in a...kurzen Hosen und Stoffschühchen, die Jungs in Schlabberbermudas und Muskelshirt über der Hühnerbrust. "Oh my god, oh my, my god!" war ab und an von einem der Blondchen zu hören, die irgendwie Schwierigkeiten hatte, über die Treppe zu steigen, die über den Weidezaun führte, der die Wiese eingrenzte. Später war es dann wohl die Dunkelheit und das Flüsschen, was ihr zu viel wurde. Auch ihr iphone konnte da nicht helfen, mit dem sie rumfuchtelte, um bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Ätsch. Wir überholten wieder und wagten uns weiter hinein, zwischen Stalaktmiten hindurch, an feuchten Wänden entlang. Und dann machten wir unsere Lampe aus. Und nach einem kurzen, schwarzen Augenblick begann die Decke über uns zu leuchten. Abertausende Pünktchen. Es wurden immer mehr, je genauer wir guckten, über uns, neben uns, weit oben in den Gewölben der großen Halle, in der wir offenbar standen, Millionen Sternchen. Die Glowworms hier sind allerdings keine Leuchtkäfer wie bei uns, sondern Pilzmückenlarven, die mit ihrem Licht Beute anlocken wollen. Und Touristen ;-)



Schwer beeindruckt von den Larven stehen wir wieder draußen. Oskar schläft, also wollen wir noch bisschen wandern, direkt an den Höhlen startet ein markierter Weg. Ein Rundwanderweg, meinen wir, stand doch irgendsowas am Parkplatz, oder? Irgendwas von 45 Minuten jedenfalls. Wir laufen los durch einen verwunschenen Wald, knorrige Bäume, mit Moosen und Flechten bewachsen, riesige Farne, baumhoch. Fehlt nur noch Gollum, der auf einem der Felsen sitzt. Wir sind begeistert. 


Wenig später kommen uns "OH-MY-GOD" entgegen. Recht leichtfüßig. Daraus schließen wir, die wir grad den Berg hinaufschnaufen, dass der Rundwanderweg doch ganz easy sein muss. Schaffen wir locker in 30 Minuten, Haimon versteigt sich auf 20. Na gut, 25. Denn die Aussicht ist grad herrlich. Saftige Weiden, Hügel, blauer Himmel, weite Blicke ins Land. Das ändert sich auch nicht, doch unsere Richtung auch nicht. Und das sollte sie bei einem Rundwanderweg doch, oder? Haimon tut meine Bedenken nach 40 Minuten lapidar ab und meint, schon die Straße zu entdecken, auf der wir hergekommen sind. Ich glaube es nicht, mir brennt nun schon länger die Sonne aufs linke Ohr. Müsste ja irgendwann mal das rechte werden, wenn wir ne Runde drehen. Durst kriege ich langsam auch. Wir haben nur Oskars Wasser dabei. Sonst nichts. Wir laufen Hügel hoch und runter. Die Sonne bleibt links. Und Haimon beschleichen vielleicht auch Zweifel. Denn er geht voraus, um unten an der Straße ein Auto anzuhalten und zu fragen. Kommt selten vor. Und ich kann mich gar nicht recht über meinen Triumph freuen, als ich höre, "no, no, that's more than 10km away on that road". Da traue auch ich mich ins Blickfeld der Fahrerin, mit einem grad erwachten Oskar in der Manduca schinde ich Mitleid...


Wenig später sitzen wir drei im Auto der Neuseeländerin, die uns zurück zu unserem Camper fährt. Wir wären nicht die ersten, die den Weg genommen haben und hier gestrandet seien. Ah. Na denn. Wo wir denn übernachten wollen, fragt die nette Frau. Denn man dürfe auf der Wiese vor den Höhlen campen, ein Klo gibt's ja und Kaltwasserduschen draußen auch. Haimon freut sich wie ein Schneekönig (auch heute noch!), weil der vermeintliche Rundweg uns letztlich noch Glück gebracht hat: einen gratis Übernachtungsplatz, ganz allein, nur wir, ein paar Kühe und Pferde nebenan, ein paar wilde Papageien in den Bäumen, viele Sterne am Himmel und ein bisschen Krimi. Als es stockduster war, saßen wir in trauter Viersamkeit (wir und unser Bier) vorm Camper, bewunderten die Sterne. Und zuckten zusammen. Hinter uns war was. Ein Rascheln, ein Knabbern, ein Gewisper. Stille. Irgendwas kratzte über die Rinde der Bäume, wuselte durchs Laub im Wäldchen. Stille. Wieder Rascheln, diesmal deutlich näher. Da waren sie also, die haarigen Biester, die den Müllbeutel der ahnungslosen Touris durchwühlen, Kiwi-Eier fressen und sich platt fahren lassen des nachts. Die Possums. Katzengroß und possierlich. Aber gehasst wie die Pest, eben weil sie den Nationalvogel bedrohen. Sie werden vergiftet, überfahren, erschossen. Und trotzdem gibt es sie in großer Zahl auf beiden Inseln. Ihr Ausflug zu uns rüber war nur kurz, wenig später kehrt wieder Stille ein, nur ab und an unterbrochen vom Ruf der Eule, der Morepork, zu hören etwa hier: https://www.youtube.com/watch?v=I4QWKo_7IN4. Gegen elf liegen auch wir im Bett neben unserer Walze, bedauern, kein Dachfenster zu haben, um noch weiter in die Sterne gucken zu können. Und finden es das erste Mal so richtig gemütlich. Und abenteuerlich natürlich, so ganz allein auf der Wiese...


Bunte Vögel! ;-)

Possum in action

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