Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Mittwoch, 30. Juli 2014

Jahresanfang mit Pinguin



Eines muss ich zugeben. In Oamaru habe ich mir selbst leidgetan. Und Oskar hat die Schuld, jawohl. Denn er braucht seinen Nachtschlaf und wir sind natürlich froh, dass das so ganz ohne Gemauze klappt, noch dazu meist die ganze Nacht ohne Unterbrechung, klar, so nah an Mama und Papa gekuschelt. Und genau da liegt das Problem. Wir können zwar mal bisschen spazieren gehen und trauen uns auch, den schlafenden Oskar außer Hörweite zurückzulassen. Doch richtig weit weg kommen wir nicht mehr. Und das hätten wir gemusst, hätten wir die Zwerpinguine an Land kommen sehen wollen. Die sind nämlich notorische Spät-Heimkehrer, vor neun abends kommt kaum einer aus den Fluten. Doch wenn sie einmal anlanden, ist das Spektakel wohl groß, wie uns Leute vom Campingplatz erzählten. Um die 200 Fräcke kommen angewatschelt, passieren ungerührt die Zuschauertribünen und hüpfen in ihre Nistboxen zurück. Kostet nicht wenig, so ein Pinguinschau-Platz. Doch mir wär es das wert gewesen. Aber unser Campingplatz liegt gut vier Kilometer weg, zu weit für einen kurzen Ausflug. Zu dumm nur, dass wir erst am nächsten Tag entdecken, dass es einen einfachen Platz nahe der Pinguinkolonie gegeben hätte. Doch wir haben Hoffnung, doch noch ein paar der putzigen Tierchen anzutreffen. Können doch nicht alle jagen gehen! Die Komorane auf dem Steg sehen auch fast so aus, ja, das erinnert uns an den Abel Tasman Park, wo ein Ranger meinte, fotografiert doch die, von weitem sieht’s eh keiner, dass es kein Pinguin ist. Nee, ich will echte!



Also gehen wir zur Kasse der Oamaru Blue Penguin Colony. Man kann - leider ohne Kamera - mit einer fachkundigen Begleitung durchs Gelände gehen und in die Nistkästen gucken. Das wollen wir machen. Wenn denn einer zuhause ist! Und tatsächlich, die nette Lady am Empfang nickt und lächelt und nimmt uns mit hinter die Kulissen. Im Garten stehen zig kleine Nistkästen, doch keiner da. Die Lady lächelt immer noch, sagt etwas von Küken und verschwindet mit uns – Oskar brav in der Manduca – in einem Häuschen. Und hebt den Gucklochdeckel eines Nistkastens an und lächelt nicht mehr, sie grinst. Ich quietsche, wenn auch nur innerlich. Da sehe ich doch tatsächlich ein kleines, bräunliches, flauschiges Etwas hocken, hach, wie süüüüüüß! Die Lady lächelt wieder und hebt einen anderen Deckel an. Und muss selbst zweimal gucken. In diesem Kasten sitzen zwei Küken, und zwei heißt definitiv einer zu viel! Und so werden wir Zeuge einer Pinguinküken-Rauferei, die sich gewaschen hat. Der Eindringling wird mit Schnabelschlägen und –pieksern sowie Einsatz des Hinterns unerbittlich nach draußen gedrängt. Wir grinsen bis über beide Ohren. Wer will da schon Pinguine nach Hause kommen sehen? Langweilig!!!


Unser erstes Ziel im neuen Jahr sollen wieder die Berge sein. Den Mount Cook hatten wir ja schon an der Westküste gesehen, nur möchten wir die Kehrseite des größten neuseeländischen Berges kennenlernen. Also auf ins Landesinnere. Auf dem Weg dorthin überholen wir alte Bekannte von der Otego Peninsula. Das sympathische französische Pärchen und ihr kleiner Sohn sind offensichtlich ebenfalls Richtung Mount Cook Village unterwegs. Fein! Und wie sich wieder die Landschaft ändert – von der Küste über grüne, hügelige Landschaft hinein in eine Steppe, in der die Seen so türkis leuchten, dass es schon fast weh in den Augen tut. Wir versorgen uns mit frischem Räucherlachs aus einer Farm kurz vor Twizel und halten dann auch in dem kleinen Örtchen, ist ja Kaffeezeit. Die Berge sind nicht zu sehen, stattdessen drohen dunkle Wolken. Sie geben dem Wetterbericht Recht. Der sieht so schlecht aus wie noch nie. Wir lachen, denn Anke, die wir auf der Nordinsel im Tongariro-Park getroffen hatten und die oft vom schlechten Wetter verfolgt wurde bisher, wollte auch in diese Gegend hier kommen. Klar, dass es da regnet!



Unbeirrt von den Wolken und den ersten Tropfen fahren wir weiter, den Lake Pukaki neben uns, den Mount Cook irgendwo in der Suppe vor uns. Als wir schließlich auf dem DOC-Platz außerhalb des Dorfes ankommen, gießt es richtig und die Temperatur ist sowas von niedrig, dass wir uns einmummeln. Und abwarten. auch während wir unser Abendessen mit anderen leicht frustrierten Reisenden in der Gemeinschaftsküche kochen, wird es draußen nicht besser, nur windiger. Immerhin sieht man die eisigen Flanken eines Berges in der Nähe, wir mutmaßen, es ist der Mount Sefton (3.151m). Und die Franzosen treffen ein. Oskar freut sich ein Loch in den Bauch über Matteo und krabbelt lautstark brabbelnd auf ihn zu. Die beiden mischen noch eine Weile die triste Wanderer-Gemeinde auf J

Blick zurück

Blick nach vorn

Angekommen!

Geht doch, das Wetter!

Küchenkumpels unter sich 

Der Wind hat Oskar an diesem Abend in den Schlaf geschaukelt. Zumindest hofften wir das, als wir uns aus dem Camper schlichen, um die kurze regenfreie Zeit zu nutzen, ein bisschen den Hügel hinauf zu spazieren, wenigstens bis zum Bergsteiger-Denkmal. Die Weite des Tals, die großen Flanken der Berge – selbst bei schlechtem Wetter noch schön. Zufrieden kommen wir zum Wagen zurück. Oskar mümmelt noch, und wir legen uns auch bald dazu. Und werden vom Wind in den Schlaf geschaukelt.

Finde Oskar! ;-)


Mittwoch, 23. Juli 2014

Der letzte Tag im Jahr

Was für ein schöner Morgen!

Es hat mal wieder geregnet in Neuseeland. Und gedonnert und geblitzt. Und am Morgen – strahlender Sonnenschein, als wär nichts gewesen. Wir freuen uns auf eine kleine Wanderung auf der Otego Halbinsel, am letzten Tag des Jahres. Ja, unglaublich, Silvester hat sich angeschlichen, heimlich, still und leise. Wir wollen den letzten Abend 2013 in Oamaru verbringen, einem Städtchen weiter oben im Norden, das vor allem für seine blaue Zwergpinguine bekannt ist, die spätabends an Land watscheln, vorbei an Tribünen, auf denen Besucher sitzen, die für einen ordentlichen Eintrittspreis den Tierchen zugucken dürfen. Dass das für uns aufgrund der späten Uhrzeit kaum möglich sein wird, muss ich schlucken. Vielleicht haben wir ja tagsüber Glück und es sitzen noch ein paar in ihren Nistkästen. Aber das ist Zukunftsmusik. Jetzt heißt es erstmal auf die Karte gucken, einen schönen Walk raussuchen und losfahren.

Und immer grüßt der Wind

Wir entscheiden uns für The Chasm und den Lovers Leap, ein schöner Spaziergang mitten durch grünes Weideland mit niedlichen Merino-Lämmchen, windschiefen Büschen und spektakulären Aussichten auf die zerklüftete Küste. Müsste man ein Bild malen von Neuseeland, es hätte gewiss einige Elemente aus dieser Landschaft hier. Der einzige Nachteil: Durch die Lage nahe zum Parkplatz ist es auch recht gut besucht, Hinz und Kunz versucht, sein Auto mehr oder weniger erfolgreich noch irgendwie abzustellen und auch wir haben damit so unser Problem. Ein paar Kletterer aus Italien, ebenfalls mit einem Happy Camper unterwegs, schnappen uns den letzten schönen Platz weg. Also parken wir schließlich so, dass die Fußgänger zwar noch vorbei können, aber eben durch Matsch hindurch müssen. Nun, denken wir, das wird schon gehen. Die meisten quetschen sich ohne Murren an uns vorbei. Dass wir bei der Rückkehr einen wütend bekritzelten Zettel an der Windschutzscheibe vorfinden, überrascht uns dann doch…




Steile Wände an der Chasm


Wer sieht die Kletterer? @Lovers Leap

Zwischen NZ-Flachspflanzen

Unglaublich schön hier...



Nach wunderschönen Ausblicken auf Landschaft und Meer stehen wir wieder am Camper. Oskar tollt noch ein Weilchen hinten herum, bevor wir am Picknicktisch ein kleines Mittagessen machen. Dann geht es weiter, holterdipolter die Schotterstraße runter, rauf auf den Highway. Unterwegs wartet noch ein netter Stopp auf uns, mit vielen Robben, aber null Pinguinen. Am Shag Point soll es zwar Gelbaugenpinguine geben, doch uns zeigen sich eher verspielte junge Robben, auch sehr süß. Ein paar asiatische Touristen können sich aber nicht recht entscheiden, was sie nun süßer finden: Das Robbenbaby unten auf dem Felsen, was sich dekorativ irgendeine Seepflanze um den Hals geschlungen hat, oder das Menschenbaby oben am Felsen, dass artig händchenhaltend neben Papa hertapst. Egal, wird halt beides fotografiert!




Vor Oamaru gibt es noch einen Stopp, den man unbedingt einlegen sollte: die Moeraki Boulders. Große, runde Felsen, die irgendwann aus der Böschung ans Meer gekullert sind und wie hingerollte Deko den Strand schmücken, manche schon zerborsten, sodass die schönen bernsteinfarbenen Quarz-Zacken im Inneren zu sehen sind. Oskar würde die Boulders am liebsten hochkrabbeln, scheitert aber an den Rundungen und begnügt sich damit, zwischen Mama und Papa an der Hand zu laufen und ab und an „Maikäferchen fliiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeg“ zu spielen. Ein paar Neuseeländer finden das so lustig, dass sie uns fotografieren, auch mit unserer Kamera, damit wir mal sehen, was für ein schönes Bild wir drei abgeben J







Leider stehen wir im nahen Café mal wieder vor verschlossenen Türen, als wir gegen fünf noch Appetit auf ein Käffchen und Kuchen haben. Ehrlich, daran werde ich mich wohl nie gewöhnen. Also fahren wir mit leicht knurrendem Magen weiter, Oskar rockt im Camper zu „Black or white“ und wenigstens er hat mit seinen Baby-Mum-Mum-Waffeln immer was im Magen. In Oamaru suchen wir erstmal bisschen den Campingplatz, der auch hier zu einem Top Ten auserkoren wurde und angeblich ganz gut sein soll. Ja, er war ganz nett, vor allem aber hatten wir erneut Glück, einen Platz zu ergattern. Oskar hat sich besonders über das Kiesbett gefreut, auf dem wir standen, denn Steinchen stehen ganz hoch in seiner Gunst. Im Eifer löste er dann sogar seine Hand aus meiner, um ein, zwei Schrittchen allein zu machen, bevor er dann wieder in die Knie sank und verdattert ob seines ersten Gehversuches dreinschaute, der vom Nachbarn und mir beklatscht wurde. Beim Essen beobachteten wir noch eine asiatische Großfamilie, die versuchte, ihre Riesenwohnmobile einzuparken. Oh man, was sind wir froh über unseren kleinen Camper!

Der Rest des Abends ist schnell erzählt. Ich habe Glück und finde eine funktionierende heiße Dusche. Und dann sitzen wir eingemummelt draußen bei Bier und Wein und machen ein paar Selfies für die Freunde daheim, schließlich sind wir die ersten, die ins neue Jahr rutschen werden. Ganz unspektakulär, eine Rakete steigt in den Himmel, wahrscheinlich deutsche Touris, kichern wir in unser Glas, mittlerweile mit obligatorischem Sekt gefüllt, und prosten still den Nachbarn zu, die auch noch draußen sitzen. Halb eins ist Schluss, wir wanken in den Camper, Oskar walzt zu uns rüber und wir schlafen in dieses neue Jahr, was zuhause noch gar nicht angefangen hat.

Dienstag, 22. Juli 2014

Albatros für lau

Das Schöne an einer Reise mit Kind ist, dass man ganz schnell Kontakt zu anderen Menschen bekommt. Zumindest, wenn der eigene Nachwuchs keine Berührungsängste hat, sich allein langweilt und mal eben vom eigen Camper in den Bungalow nebenan krabbelt. Dort wohnt eine neuseeländische Familie. Die zwei Kinder haben Oskar sofort ins Herz geschlossen und so darf er nach Herzenslust deren Spielzeug durch die Gegend schmeißen und muss sich dafür lediglich ab und an von der Mutter knuddeln lassen, die ihn „oh so cute!“ findet und am liebsten mit nach Deutschland kommen würde, weil sie das Land so mag. Sie war sogar mehrmals dort, während sie als Au Pair in England gearbeitet hat. Und nun träumt sie nur noch davon, zurückzugehen…

Mal keiner zum Spielen da? 

Wir gehen noch kurz auf den nahe gelegenen Spielplatz, bevor es Abschied nehmen heißt von der Catlins Coast und unseren Nachbarn. Wir rollen wieder gen Norden. Dem Ende der Reise entgegen. Wieder wird uns das bewusst. Schrecklicher Gedanke, den schieben wir ganz schnell weg. Richtig so, denn schließlich liegen noch ein paar Abenteuer vor uns. Zum Beispiel, die Namen der Städte unfallfrei auszusprechen. Da wäre Balclutha. Zwecklos, aufzuschreiben, wie die Kiwis das sagen, es klingt wie ein Zungenschaden. Schön wird es bei unserem Ziel bzw. der Stadt in der Nähe: Dunedin. Sprich: Danídn. Steht zum Glück so im Reiseführer. Wär ich sonst nicht drauf gekommen. Eine nette Stadt ist es aber, dieses Dunedin. hier stehen nicht nur schöne Häuser, hier liegt auch die steilste Straße der Welt. Wir gucken nur von unten, hochfahren soll man nicht, und laufen wollen wir grad nicht. Denn der Himmel verheißt nichts Gutes. Es tröpfelt schon. Und als wir aus dem Supermarkt kommen, geht es richtig los. Wir verstecken uns im Camper, beobachten Einparkmanöver und Oskar erschreckt immer mal wieder Passanten, wenn er urplötzlich gegen die angelaufenen Scheiben patscht und sein Gesicht dran plattdrückt.

Doch auch in Dunedin hat Petrus ein Einsehen und schiebt die Wolken weiter, sodass wir noch ein klitzekleines bisschen spazieren gehen können. Und natürlich den schon obligatorischen Kaffee trinken. Oskar gönnt das uns nicht ganz, immer wieder haut er ab, durchkrabbelt das ganze Café und besucht die Leute an anderen Tischen mit nach Keksen und Kuchen bettelndem Gesicht. Schließlich kennt der ganze Laden inklusive der Gäste an den Außentischen seinen Namen. Wie war das mit dem Kontakt zu anderen Menschen?!

Auch wenn Dunedin schön ist, wir wollen in die Natur. Und die liegt vor der Haustür der Stadt, auf der Otego Peninsula. Hier soll es neben den mittlerweile alltäglichen Robben auch Albatrosse und Pinguine geben. Klar, dass ich da hinwill! Erst verfahren wir uns aber, und dann schläft Oskar ein. Also schlängeln wir uns in aller Ruhe durchs Hügelland und seufzen vor uns hin, so schön ist es hier mal wieder.



Ganz am Ende der Straße, am Taiaroa Head, steht ein Leuchtturm. Und dahinter sollen sie nisten. Die Königsalbatrosse. Es ist die einzige Festland-Kolonie. Der A380 unter den Seevögeln kommt auf gut drei Meter Flügelspannweite, größer ist nur der Wanderalbatros. Hier auf der Halbinsel zahlen Vogelfreunde viel Geld, um dem Federvieh auf geführten Touren nahe zu kommen, es überhaupt zu sehen. Und wir? Wir steigen aus, spazieren bisschen zwischen unzähligen Möwen und Schärben hindurch, gucken aufs Meer und den Leuchtturm, und trauen unseren Augen kaum. Da schwebt er heran, der Albatros. Majestätisch, lautlos, riesig. Die Möwen wirken wie Mücken. Er gleitet durch die Luft, hinab zum Meer. Boah. Und alles für lau. Er dreht noch ein paar Extra-Runden, ein weiterer kommt dazu. Was für ein Glück.

Planschbecken

Da isser!!!

Wir sind beeindruckt. Das entschädigt alle mal dafür, dass vieles hier Privatland ist, und nur martialisch aussehende Geländewagen durch die Prärie rumpeln dürfen, um gut zahlende Besucher zu entlegenen Buchten mit Pinguinen und See-Elefanten und –Löwen bringen. Selbst der Strand in Parkplatznähe kostet abends Geld, wenn die kleinen Zwergpinguine an Land hüpfen und die Besucher verzückt dabei zugucken. Noch ist von Pinguinen wie auch Besuchern nix zu sehen. Nur ein paar Robben aalen sich, eine davon mitten auf der angrenzenden Wiese. Und warten können wir nicht, bis sich die befrackten Watschler aus dem Meer bequemen. Wird zu spät für Oskar. Und für einen Campingplatz, mahne ich. Denn die Hochsaison hat begonnen, wer weiß, was man kriegt.





Wir bekommen tatsächlich mal wieder einen der letzten Plätze im Portobello Village Tourist Park. Und begegnen mal wieder einer deutschen Reisegruppe, diesmal aber einer sehr lustigen, netten. Ob’s an den Sachsen lag, die dabei waren?! ;-) Oskar schließt natürlich auch gleich wieder Freundschaft mit diversen Kindern, ganz besonders mit einem kleinen Franzosen namens Matteo. Nicht nur notgedrungen freunden wir uns mit den beiden Eltern an. Und werden ihnen noch öfter auf unserer Reise begegnen…

Freitag, 18. Juli 2014

Auf Tuchfühlung



Der Campingplatz hat irgendetwas von einem Hippie-Festival. All die frei laufenden Hunde, die vielen Kinder, die Menschen in weiten Klamotten, die ganzen alten Wohnwagen, Zelte, das hohe, teils breitgelatschte Gras. Wir wollen die Catlins noch weiter erkunden heute, doch nochmal hier übernachten wollen wir nicht. Es war zwar schön, aber vielleicht winkt irgendwo ja noch was besseres, zumal die Wetterprognose mal wieder recht wacklig ist. Wir lassen uns aber Zeit, spazieren noch ein bisschen herum und stellen erstaunt fest, dass Oskar recht früh am Vormittag ein Schläfchen einlegt und wir sage und schreibe eine Stunde Ruhe haben. Komisch, was soll man plötzlich mit all der freien Zeit anfangen?!

Ganz klar, ich wühle sofort im Reiseführer und suche die nächsten Stops raus. Seelöwen wollen wir ja nun endlich mal sehen. Angeblich räkeln die sich ja hier an den Sandstränden. Im Unterschied zu den kleineren Robben, die mögen’s ja eher felsig. Also auf zur Surat Bay. Uns kommen ein paar Wanderer an den Dünen entgegen, die meinen, nichts gesehen zu haben. Hm, weiter gegen den Wind kämpfen oder umkehren? Wir spähen und spähen und tatsächlich, wir entdecken ein paar Menschen weit entfernt, die stehen bleiben und gucken. Ich hole das Tele meiner Kamera raus, mach ein Foto und wirklich, es sieht so aus, als hätten wir Glück. Vielleicht einen Kilometer vor uns liegen Seelöwen im Sand! Oskar kümmert es gerade recht wenig. Er schläft nämlich mal wieder in der Manduca. Sonst wäre er vielleicht noch auf die Idee gekommen, den Seelöwen an den Schnurrhaaren zu ziehen. Denn da liegen sie, faul und breit in der Sonne, noch recht junge Tiere. Sie stört es nicht im Geringsten, dass Menschen vorbeilaufen, stehen bleiben, Bilder machen. Nicht weit entfernt liegt Mama Seelöwe, auch sie sehr relaxt. Schaufelt sich ab und an etwas Sand auf den Buckel, gähnt, ändert bisschen die Lage, fertig, Augen zu. Wir sind entzückt. So auf Tuchfühlung mit diesen Tieren… Und wir schweben förmlich wieder zurück Richtung Camper…








Dann schaue ich aufs Meer. Und erschrecke fürchterlich. Zehn Meter vor uns erhebt sich plötzlich ein massiger schwarzer Körper, den ich eben noch durchs Wasser schießen sah – Papa Seelöwe will an Land. Er surft auf der Welle gen Strand, bäumt sich auf, wittert. Ups. Hat er wohl seine Familie um ein paar Meter verfehlt. Glücklicherweise interessieren wir ihn sowas von überhaupt nicht. Er schwingt sich zurück ins Wasser und schwimmt sehr strandnah an uns vorbei zu seinem Frauchen und Kindern. Wir grinsen leicht schadenfroh-erleichtert, als wir andere Touristen entdecken, die gerade nichts ahnend mit dem Rücken zum Wasser Fotos von den Seelöwen am Strand machen… Wenig später hatten auch sie ihre Kamera eingepackt J




Wir kochen noch schnell ein bisschen verspätetes Mittag, bevor wir bei schönstem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen zum vielleicht nur 15 Kilometer entfernten Nugget Point aufbrechen. Hier liegen Felsen wie ins Meer geworfene Steinbrocken vor der Küste, malerisch steht ein Leuchtturm auf den Klippen. Doch was ist das? Der Himmel wird immer dunkler und als wir aussteigen, bläst uns der eisige Wind fast um, der feuchte Nebel geht fast in Nieselregen über, alles fühlt sich an wie eine Hochseeschifffahrt. Ui. So schnell schlägt das Wetter hier um. Wir haben ja zum Glück immer unseren ganzen Hausstaat dabei und schlüpfen schnell in unsere Jacken, während andere Touristen frierend die Arme um die leicht bekleideten Oberkörper legen und dadurch fast aus dem Gleichgewicht kommen, weil der Wind so stark ist. Nachdem wir uns ein bisschen akklimatisiert haben, können wir aber auch diese Rauheit genießen. Sie passt auch hierher, eigentlich sehen die verkrüppelten Sträucher an den Steilhängen so aus, als seien sie die Peitschen des Windes gewohnt, kreisen die Tölpel, Möwen, Scharben über ihren Brutplätzen, als wär nix. Algen und Seetang umringen Felsen und sehen aus wie Frisuren. Und Oskar freut sich irgendwie auch, kann sich zwar schwer auf den Beinen halten bei jeder Böe, feiert sich aber selbst, wenn er nicht scheitert. Die Aussicht auf die Nuggets ist grandios. Auf jeden Fall jede Mühe wert.







Auf dem Rückweg entdecken wir noch ein totes Kälbchen im Meer, ist wohl stecken geblieben mit dem Fuß zwischen Felsen. Armes Tierchen. Hat das Ausbüxen nichts gebracht… Weit kommen wir auch nicht mehr. Wir sehen in der Campermate-App, dass es im lustig benannten Ort Kaka Point einen Campingplatz gibt. Also praktisch um die Ecke. Nüscht wie hin! Wir haben Glück und bekommen noch einen der letzten Plätze. Familiengeführt und irgendwie mit dem Charme eines Kegelclub-Vereins – der tatsächlich auch hier kegelt! Nur heute nicht. Und wir hatten noch gar keinen Kaffee! Also beschließen wir fluggs, das Café unten im Ort aufzusuchen. Sah ja schick aus mit seiner großen Glasfront und den rustikalen Holzbalken. Als wir reinkommen, bleibt uns kurz das Herz stehen. Kaffee? Hat jemand Kaffee gesagt?! Hier stehen viele Leute am Tresen und KEINER trinkt Kaffee! Sondern richtige Humpen Bier! Wir gucken kurz irritiert, schieben dann entschlossen den Buggy rein, verständigen uns fast wortlos und brüllen zum Wirt „two beer, please“. Alle scheinen uns erleichtert anzuschauen, um sich dann wieder ihren Gesprächen zu widmen. Bei uns dauert das mit der Erleichterung bis zum zweiten Schluck auf fast nüchternen Magen.


Schön, dass Oskar solche Momente überhaupt noch nicht kennt und sich bereits dem Billardtisch krabbelnd nähert und damit belustigte Blicke auf sich zieht. Dem nicht genug, muss auch noch Haimon bierbeschwingt an der Juke Box rumfummeln. Und schon gesellen sich die Einheimischen zu uns, oh Gott, schon wieder Tuchfühlung, schnell noch ein paar Schluck Bier, denk ich, dann versteh ich das Kiwi-Englisch besser und lalle genauso. Und es wird richtig lustig, nachdem man sich gegenseitig mit ein paar Standardfragen abgeklopft hat. Ich bekomme aufgrund ein paar frecher Kommentare sogar große Lacher und mit einem derben Schulterklopfen die Auszeichnung „You could be a real Kiwi!“. Yeah, wusste ich’s doch ;-)

Donnerstag, 17. Juli 2014

Wind um die Ohren

Beseelt von so viel Pinguin-Erlebnis am Vortag sitze ich beim Frühstück. Es gibt einst tiefgefrorenes Toastbrot aus dem Campingplatz-Kiosk, „schmeckt wie frisch nach dem Aufbacken“, versichert der Chef, bevor er in seine Surfschule nebenan verschwindet. Aha. Wenn man Hunger hat, schmeckt alles. Wir frühstücken mit Blick aufs Meer, während unten am Strand in der Curio Bay schon ein paar Surfer auf Wellen warten, die es hier aber nicht so recht geben will, denn die Bucht ist gut geschützt vor den rauen Wogen weiter draußen. Und daher ist sie auch ein Spielplatz für Delfine und Seelöwen. Wir starren minutenlang raus aufs Wasser, suchen den Strand mit den Augen ab – nichts. Doch irgendwann, als wir an unserem Toast kauen, bewegt sich was und schwupps, ein Sprung, ein Salto, ein Klatsch ins Wasser. Da war er, der Hector-Delfin, endemisch, also nur in Kiwiland vorkommend, hüpfend durch die Wellen. Haimon glaubt es erst, als er eine geschlagene halbe Stunde später das Schauspiel auch sieht, diesmal noch imposanter mit dreifachem Looping, so scheint es. Die Seelöwen, vor denen gewarnt wird, weil sie ihr Territorium gern mal verteidigen, lassen sich dagegen nicht blicken. Nicht nur deshalb fahren wir weiter. Der Platz ist zwar ganz ok, haut uns aber nicht wirklich vom Hocker. Also schlängeln wir uns weiter die Catlins Coast entlang, ganz entspannt, denn wir haben ja ein bisschen Zeit.

Seichte Wellen in der Curio Bay


Hohe Wellen an der Steilküste


Unterwegs nehmen wir mal wieder die Gelegenheit wahr, auf einem kleinen Walk entlangzuspazieren, bis zu zwei Wasserfällen, den Maitai und den Horseshoe-Falls. Oskar läuft immer mehr selbst mit, noch an der Hand. Wir befürchten schon fast, dass er sich noch in Neuseeland losreißen wird. Und kaum, dass er das Wasser sieht, kennt er eh kein Halten mehr. Seine Freudenschreie sind weithin zu hören J

Tautuku Bay - Blick vom Parkplatz an der Straße :-)

Horseshoe Fall und ein begeisterter Oskar

Das Vertrackte an einer Fahrt durch die Catlins ist, dass es nicht überall Benzin gibt. Und noch schlimmer: Wir wissen das, kommen aber trotzdem in die Bredouille, weil eine der Tankstellen, die aufhaben sollte, kein Benzin mehr hat. Unser DOC-Platz liegt nun direkt an der Küste, zu erreichen über steinige Pfade, wer weiß, wie lange das wohl dauert. Also nehmen wir erstmal Kurs aufs nächste Städtchen, Owaka. Hier gibt es übrigens ein wunderschönes kleines Heimatmuseum, das ich leider nur ganz kurz gesehen habe, als ich in der Touristeninfo war. Sehr liebe Leute! Und weil uns der Magen knurrt, kehren wir mal wieder ein, ins Lumberjack bar & Café, rustikal-schick mit französisch angehauchter Speisekarte– und das aufm platten Land. Und es schmeckt! Und Benzin haben wir auch bekommen, gleich gegenüber.

Doppelt abgefüllt machen wir uns auf zu unserem Platz, dem Purakaunui Campground. Die Deutschen am Manapouri See hatten ihn uns empfohlen, groß und leer soll er sein. Groß ja, leer nein. Es ist ein schönes Fleckchen hier zwischen Klippen und rauem Land, der kräftige Wind immer präsent. Alle Sträucher kuschen schon und wachsen schief. Das hält keinen Kiwi davon ab, hier seine Ferien zu verbringen. Gefühlt die ganze Küste campt hier. Wir finden aber noch einen Platz und sind erstmal etwas verstimmt – so viele Hunde hier! Die kacken doch alles zu! Nun, wir sind nicht in Deutschland. Das sehen wir ganz schnell, denn nie, aber auch nie, kackt einer der Hunde irgendwohin, und wenn, dann hat er sowas von schnell eine Tüte am Hintern, dass nichts auf dem Boden zurück bleibt. Und kleine Kinder fressen die auch nicht. Schön!

Purakaunui Bay

Den Rest des Nachmittags spazieren wir am Strand entlang, der Wind weht den Buggy samt Oskar weg und lässt ihn über den harten Sand sausen. Krabben flitzen hinterher, verstecken sich zwischen Felsen. Ein Brautpaar lässt Bilder von sich machen hier draußen, was ein kleines neuseeländisches Mädchen so fasziniert, dass sie mir lange am Rockzipfel hängt und immer wieder fragt, ob ich’s gesehen hab. Immer wieder wälzen sich tiefschwarze Wolken heran, doch nie regnet es, zu schnell treiben die Böen sie vor sich her. Uns wiegt der Wind irgendwann in den Schlaf, hier ganz unten im Süden.