Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Samstag, 30. Oktober 2010

Three nights in Bangkok

Ich bin wieder in einer anderen Welt. Das merke ich schon, als ich die ersten Schritte auf thailaendischem Boden tue, auf dem Flughafen. Alles klinisch sauber. Die Rolltreppen mit elektronischer Ansage, dass man das Ende der Treppe erreicht hat. An der Passkontrolle Menschen in schnieken Uniformen statt Soldaten mit Tarnanzuegen und Knarre. Und Luftbefeuchter neben sich, die gleichzeitig vor dem H5N1-Virus schuetzen sollen. Ein Gepaeckband, was nach wenigen Minuten die Gepaeckstuecke liefert. Und eine neue Flughafenbahn, ich bin entzueckt. Und - chinesische Touristen. Sie scheinen mir zu folgen. Einer steht am Ticketschalter hinter mir, hoert, wo ich hin will und schon habe ich wieder einen netten Mitreisenden. Denn er will auch ins gleiche Guesthouse. Das liegt in einer Gasse der Sukhumvit, einer grossen Strasse, an der sich grosse Hotels und Bueros sammeln. Mir ist das Backpackerviertel um die Khao San Road einfach wirklich zu viel, zu laut. Da hab ich lieber ein paar Bordsteinschwalben, die um die Gunst westlicher, aelterer Maenner buhlen. Doch viele sind nicht mehr da. Vor 2 Jahren war der Bordstein voll, jetzt zwar auch, aber mit Klamottenverkaeufern und den unvermeidlichen Fressstaenden, die selbst nachts noch lecker gebratene Spiesse, Salate, Suppen etc (nein, kein Viehzeuch!) verkaufen. Die Maedels stehen noch vereinzelt. Die Touristen sind etwas ausgeblieben und haben sich auch veraendert. Statt Hartmut aus Puhlheim kommen Sergey und Mascha aus Moskau und Mohammed und Aisha aus Dubai. Keine typische Klientel. Und wenn, dann bringen sie ihre eigenen Maedels mit, die dann aber nicht direkt an der Strasse stehen, wie man mir sagte.

Was mich im Hostel dann doch ueberrascht, ist der shared bathroom, also eigentlich ein Bad, dass ich mit anderen teile. Ich hab es aber fuer mich allein. Nur...es ist auf dem Balkon. Der ist zwar mit ein paar bambusvorhaengen etwas geschuetzt, aber um mich herum gibt es hoehere Haeuser. Tja, da bekommt halt die Bedeutung teilen eine etwas andere Note :-)

Nach dem Check-in hat sich mein Chinese seinen Lonely Planet geschnappt und eine Route zu einem Fresstand gesucht, selbst wenn vor unsrem Hostel schon 10 standen, er wollte auf einen anderen Nachtmarkt. Hat mich an den Hollaender erinnert :-) Wir spazierten die Sukhumvit entlang. Kein Autohupen wie in Kathmandu, keiner, der einem in die Hacken faehrt. Letztlich schluepfen wir wieder in die Skytrain, die Hochbahn, denn es tropft schon vom wolkenverhangenen Himmel und beginnt nach 20 Minuten richtig zu schuetten, zu blitzen und zu donnern. Da sitzen wir aber schon auf Plastikstuehlchen in einer Hauseinfahrt und knabbern an scharfem Schweinefleisch und hecheln nach dem ersten Loeffel Sam Tom, sauer-scharfem Papayasalat, in den ich mich reinlegen koennte, so lecker ist er. Zum Nachtisch gibts Mango mit Klebreis und Kokosnusscreme, wir zahlen zusammen kaum 4 Euro fuer alles...



Der Regen hat Thailand in den vergangenen Wochen recht viele Probleme bereitet, der Norden steht jetzt noch unter Wasser, im Nordosten wird es langsam besser, doch die Reisernte duerfte dahin sein. In Bangkok selbst steht das Wasser besonders in den armen Behausungen direkt am Fluss, waehrend die restlichen sowieso hoeher gebaut haben oder eben besser geschuetzt sind durch Sandsaecke und andere Barrieren. Der Chao Praya ist dennoch beschiffbar und somit fahre ich am naechsten Nachmittag fuer ein paar Cent mit dem Busboot den Fluss entlang, ein richtiges Deja-Vu, auch wenn es viele neue Gebauede gibt, Bangkok waechst und waechst.



Zum ersten Mal bin ich hingegen in den grossen Shoppingcentern. Ich habe mir schon fuer die Rueckreise einen besonders grossen Koffer ausgeguckt und weiss, dass ich nochmal ins MBK und auf die ganzen Maerkte zurueckkomme im Dezember. Es ist schlicht der Wahnsinn, was es alles gibt, auch, wie viel Luxus es direkt neben der Armut gibt. Draussen betteln ein paar Kinder, drinnen im Siam Paragon gibt es alle erdenklichen Delikatessen, auch deutsche Schokolade bis hin zum Kartoffelpuerree und Schattenmorellen im Glas. Und Gucci und Co.s neue Kreationen gleich ein Stockwerk weiter. Diesmal echt und keine billige Kopien...diese Gegensaetze sind besonders fuer die Metropole Bangkok aber recht typisch...

Typisch sind natuerlich auch die Massagesalons, die meisten serioes, manche weniger, doch als Frau hab ich damit nix am Hut, also schau ich, wo mir wer die Fuesse kraulen kann fuer eine Stunde. Paradiesisch! Waeren da nur nicht diese kleinen Biester von Moskitos. Ich liege mit geschlossenen Augen da, bekomme grad mit einem frisch duftenden Oel die Fuesse behandelt, als ich doch dieses Surren wahrnehme und bald darauf etwas, was ueber meinen Arm krabbelt. Wenig spaeter sind da 3 Stiche. Und nicht viel spaeter kann ich eine Null dran haengen, denn den Viechern gefaellt offenbar das Massageoel genauso wie mir, muss ne gute Beilage sein, denn ich habe sage und schreibe 21 Stiche in EINEM Fuss. Insgesamt waren es in der 2. Nacht um die 50. Nun spruehe ich mich natuerlich ein, aber hat einer auch dran gedacht, die FussSOHLEN mit einzubeziehen? Nee, ich nicht. Wurde bestraft. Immerhin nur 3 Stiche.

Was mich hingegen umhaut, sind die Titelseiten der Zeitungen an meinem 1. Tag. Auf jeder prangt ein Bild von Krake Paul!!! Die Thais hatten ihn auch ins Herz geschlossen, wie er so schoen orakelt hat bei der WM...die Bangkok Post hat aber die beste Ueberschrift (s. Bild)...


Am letzten Abend treffe ich dann ueberraschend einen ehemaligen Kollegen wieder, der doch noch auf den letzten Druecker meine sms bekommen hat und sich mit Mann und Kind auf den Weg gemacht hat. Die Kleine ist mittlerweile 5 und schnattert munter auf Thai und Englisch, Chinesisch lernt sie dank Schule aus Singapur auch noch. Unglaublich... Der Tisch in Restaurant war zwarn icht ganz derselbe wie vor 2 Jahren, aber das Essen ist immer noch koestlich. So sehr, dass ich in der Nacht keine Lust habe zu schlafen, sondern noch mit 2 deutschen Maedels ein leckeres Changbier trinke und dann 3 Stunden eher entspanne denn schlafe.


4 Uhr gehts auf zum Flughafen. Der Taxifahrer ist muede und ich befuerchte, er legt gleich seinen Kopf aufs Lenkrad. Zumindest lehnt er sich oft vor und verharrt da. Oder er lehnt sich an seine Tuer, den Kopf ans Fenster gelehnt. Und faehrt mit einem Affenzahn den Highway entlang, dass ich jede Bodenwelle im Magen spuere. Mit grossen Augen steige ich heil aus am Flughafen, drueck ihm Trinkgeld in die Hand, damit er hoffentlich gleichmal ne Pause macht, statt den naechsten Passagier auch noch so einen Heidenschreck einzujagen...


Nun bin ich in Nongkhai an der Grenze zu Laos, habe den Mekong schon ins Herz geschlossen, aber auch die Waisenkinder, die ich gestern nach der Ankunft besucht habe. Und wahrscheinlich wird es mir mit den Schulkindern aehnlich gehen, die ich ab Montag fuer 4 Wochen mit einer Lehrerin zusammen in Englisch unterrichte. In einem Dorf bei Nongkhai, wohnen werde ich unter der Woche bei einer Thai-Familie, wochenends bin ich wieder in Nongkhai, so wie ich es verstehe. Bis dahin muss ich wohl noch eine Menge Thai lernen und endlich mal versuchen, auf der Strasse immer links zu fahren mit dem Radl :-)

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Nepal Teil 4 - Das Huhn im Korb und das Abschiedsgeschenk

Noch schnell eine Massage, dann sind die 2 Wochen vorbei, die Marco in Nepal war. Ich bin aufgeregter als er, als wir zum Flughafen fahren. Irgendwie hatte ich mich ja doch an Gesellschaft gewoehnt, nun wuerde es wieder allein weiter gehen. Obwohl ich spontan eine Oesterreicherin ins Zimmer einquartiert bekam, mir war irgendwie komisch zumute. Haette es nicht sein brauchen, schliesslich wollte ich mich abends ja wieder mit dem Argentinier Fernando verabreden, den wir schon einen Abend vorher in Kathmandu wiedergetroffen hatten. Aber so recht traute ich dem ganzen noch nicht und war froh, dass der Taxifahrer tatsaechlich freundlich laechelnd auf mich wartete, nachdem ich Marco den grimmig dreinblickenden Soldaten am Flughafen ueberlassen hatte. Noch groesser war die Freude, als ich dann Fernando und Jeremy wiedertraf, ein leckeres Essen vor mir hatte und mit Fernando spontan beschloss, am naechsten Tag nach Patan zu fahren, eine der Koenigsstaedte im Kathmandutal.

Es blieb aber nicht nur bei uns beiden. In Fernandos Guesthouse angekommen, waren da noch 2 Deutsche, Dimitrios und Heiko. Hinzu kamen noch ein grummeliger Hollaender (the honey dutch bear, yeah!!!) und letztendlich noch ein Israeli, Eli, alles irgendwie Trekkerkollegen. Fertig war das Team, ich das Huhn im Korb. In 2 Taxis ging es nach Patan, wobei wir wohl den besseren Preis ausgehandelt hatten. Eingequetscht gesessen hat jeder, der grosse Hollaender stiess bei jedem Schlagloch mit dem Kopf ans Dach, was den kleineren Fernando und mich koestlich amuesierte, und Schlagloecher gab es viele :-) In Patan kaum aus dem Taxi geschaelt stand ein gutaussehender Nepalese vor uns, grinste breit und erklaerte uns die Eintrittskarten, wobei der Hollaender einsehen musste, dass 6 Leute nicht 10 sind, fuer die es einen Gruppendiscount gegeben haette. Hunger hatten die Jungs auch noch,also schickte der Huebsche die Quengeligen erstmal zum Suessigkeitsstand. Und ploetzlich hatten wir mit ihm einen Guide. Mir recht ;-) Er sah nicht nur nett aus, er wusste auch wieder viel, fuehrte uns nicht nur in Tempel, sondern auch in ein winziges "Restaurant", wo Einheimische sassen und in dem es keine Speisekarte gab. Dafuer aber original Essen der Newari. Pfannkuchen mit Fleisch vermischt. Scharf angebratenes Bueffelfleisch. Bueffelzunge, knusprig braun. Bueffelhirn, gebraten. Alles koestlich. Der hungrige Hollaender neben mir moserte und erzaehlte etwas von Creuzfeld-Jacob, dem sich der Israeli anschloss, doch nach einer Weile, als nur ich den Hollaender fragend anguckte mit vollgepacktem Mund, pickte er sich tatsaechlich ein kleines Stueck Hirn und ass es. Koestlich :-)

der Durbar Square von Patan

aehem... tierisches Kamasutra

Fernando und unser Guide eintraechtig beim Fotos gucken

Moenche und Nonnen beim Studium

Eli hat Hunger...

alles nur fuer uns ;-)


Wir streiften noch durch die Strassen. Vorbei an oeffentlichen Badestellen, an denen gleichzeitig Trinkwasser geholt wird. Meist von Frauen, in grossen, goldenen Karaffen. Schulkinder tollen vorbei, die aelteren Jungs eilen zum Wasser, bringen damit die schwarzen Haare wieder etwas in Form, laecheln herueber, eilen weiter. Alte Maenner luemmeln zusammen auf den Mauern kleiner Tempel, palavern, nicken uns zu, laecheln, das Leben hier ist entspannter als in Kathmandu. Kinder gruessen uns manchmal ueberschwenglich mit einem lauten Hello!, freuen sich, wenn sie Antwort bekommen, wunderschoene Frauen in farbenfrohen Saris und makellosschoener Haut gehen an uns vorbei, gruessen ein freudiges Namaste! zurueck, dabei lachen die grossen, oft mit schwarzen Kajal umrandeten Augen mit. Aeltere Frauen sitzen auf Tuerschwellen, stricken oder verkaufen ein bisschen Gemuese, entbloessen fast zahnlose Muender, wenn sie laecheln... und dennoch sind sie wunderschoen.






Am Abend fahren wir zurueck nach Kathmandu, in einem sogenannten Tempo, einem Minibus. Wir quetschen drin wie die Sardinen und haben einen Heidenspass, der auf vielen Fotos festgehalten wird, so dass die nepalesischen Mitfahrer wohl schon Sternchen gesehen haben muessen von den Blitzlichtern. Wahrscheinlich sind sie auch noch halb taub, weil wir ihnen so ins Ohr gelacht haben. Die meisten lachen jedoch beherzt mit, egal, ob sie nun verstehen, wovon wir reden, oder nicht. Lachen ist gesund! Und ansteckend!

Das bleibt auch am naechsten Tag noch so. Unser Grueppchen ist auf 4 Leute geschrumpft, Fernando und Heiko sind heimgeflogen. Wir haben uns Bhaktapur vorgenommen, eine weitere Koenigsstadt mit ebenso vielen Tempeln, reich verzierten Holzbalkonen, einem Palast. Nur etwas weiter ausserhalb von Kathmandu. Der Hollaender hat vorgesorgt und im Lonely Planet schon genau gelesen, was er machen will, naemlich genau den weg abgehen, der vorgeschlagen ist. Erstmal natuerlich was essen. Aber bitte nicht wieder sowas komisches, er hat es lieber mit farbigen Bildern in der Speisekarte, scheint mir bzw. uns. Wir sind noch diplomatisch und koennen dennoch lokale Sachen essen, waehrend er an einem Burger nagt und dann recht schnell draengelt, weil er alles sehen will. Nur hat er da nicht mit meiner Essgeschwindigkeit gerechnet, die unertraeglich sein muss fuer jemanden in Eile :-)

Bhaktapur Durbar Square




Er schafft es aber noch und nimmt die Rolle des Fuehrers an, immer voran mit der Karte und dem Buechlein, nein, bitte nicht schon wieder stehen bleiben, scheint sein Stoehnen und sein Gesicht zu sagen, waehrend wir Kinder fotografieren, lachen. Der grumpy dutchman wird noch so richtig sauer, als Dimitrios und Eli in einem Shop verschwinden und sich nicht wirklich bei ihm abmelden. Und richtig lachen kann er auch nicht, als eine alte Frau aus dem Fenster spuckt, ihn beim ersten Mal deutlich, beim zweiten Mal aber nur noch knapp verfehlt, unwissentlich, denn als wir laut lachen, erschrcikt sie erstmal, entschuldigt sich und lacht dann mit. Nunja. Wir muessen die Route abkuerzen, denn es wird dunkel. Und los geht die Streiterei, wie wir zurueckkommen nach Kathmandu. Taxi oder Bus. Der Hollaender ist wieder hungrig und will ein Taxi. Wir plaedieren fuer Bus. Und sitzen dann tatsaechlich in einem drin, ganz hinten, wo es am meisten rumpelt, ich hoere mehr als einmal Elis Wehklagen und gleichzeitig laut Lachen (Zitat: My balls!). Ein Einheimischer bringt uns nepalesische Volkslieder bei, die wir schraeg und falsch nachsingen bzw. bruellen, weil der Bus laut ist, die Schlagloecher geben den Rhythmus vor, danach folgt Elis Einlage mit einem israelischen Lied, der Hollaender versagt nach der Haelfte seiner Hymne und ich kraehe verzweifelt "und wenn et Troemmelche jeht...", was in einem Koelle Alaaf gipfelt, wie ich es wohl selbst abends an Weiberfastnacht nicht schraeger haette praesentieren koennen. Doch dies war ein wuerdiger Abschiedstag, gekroent von einem Steak, Everestbier und Apfelkuchen mit Eis. Nicht wirklich nepalesisch, aber nach einem anstrengenden Tag genau richtig :-)






Am naechsten Morgen hat mir Nepal dann einen wunderschoenen Abschied bereitet. Ich sitze im Taxi zum Flughafen. Schau raus, sehe ein paar Bergspitzen des Langtang. Und sehe, wie klar heut alles ist. Und schaue weiter, zwischen diese zwei Huegelketten westlich von Kathmandu, wie mir einmal ein Nepalese geraten hatte. Und da steht er, wenn auch in der Ferne. Mein achter Achttausender, der Manaslu. Zum Glueck geht es auf der Strasse so langsam voran, dass ich ihn geniessen kann. Da sind mir die folgenden, voellig irren Sicherheitschecks am Flughafen egal. Mich begleitet ein Kanadier bis Bangkok, wir tauschen Berggeschichten aus. Wir sitzten in der Mittelreihe, Bergsicht ausgeschlossen. Aber das ist egal, sie sind im Kopf, die Bilder, im Herzen die Eindruecke. Und dort ist noch viel Platz fuer folgende. Hier in Bangkok gibt es schliesslich auch genug zu sehen....doch davon spaeter mehr...

Manaslu

Nepal Teil 3 - Es wird spirituell

Der Kopf liegt einfach so da. Abgehackt. Auf den Tempelstufen. Ein Bueffelopfer fuer Kali, die Goettin fuer Tod und Zerstoerung, aber auch Erneuerung. Kurz vorher ist der Rest des Tierkoerpers auf einer Fahrradrikscha abtransportiert worden, eine kleine Blutspur fuehrt wieder hinaus aus dem Durbar Square, dem historischen Platz in Kathmandu, wo der alte Koenigspalast steht, umringt von zahlreichen Tempeln, besetzt von Tausenden Tauben, umherstraeunenden Hunden und traege daliegenden Kuehen. Kuehe nicht gleich Bueffel, das musste ich erstmal lernen. Kuehe sind heilig in Nepal, wer eine Kuh toetet, wird genauso bestraft wie ein Menschenmoerder. Bueffel sehen den Kuehen nur aehnlich, werden aber geopfert und verspeist. Ersteres ist grade passiert, es ist einer der letzten Tage des Dashainfestes der Hindus, bei dem zahlreiche Tiere geopfert werden.





Ich umrunde einen der kleinen Tempel, als jemand an meiner Handtasche zupft. Ich blicke erschrocken ueber meine Schulter, herab auf eine alte Frau, die mir aber nicht an die Tasche will, sondern mich lediglich sanft rueberschiebt zum Priester, der jedem eine Tika auf die Stirn verpasst, auch mir. Mit einem Mal auf der Stirn geht es also weiter, vorbei an falschen Saddhus, heiligen Maennern in orangefarbenen Gewaendern und weiss gepuderter Haut, langen Rastas, bemalten Gesichtern. Doch die falschen Heiligen segnen nicht richtig, sondern halten viel lieber die Hand auf fuer Geld fuer Fotos. Nein danke. Wir wandern weiter hinauf zum Swayambunath, einem buddhistischen Tempel mit einer grossen Stupa auf einem gruenen Huegel, auf dem Affen herumtollen. Bevor sich Touristen einen Knoten in der Zunge holen, sagen sie daher auch, sie seien am Affentempel gewesen :-)




Oben angekommen versagt mir puenktlich der Akku meiner Kamera den Dienst, als kleine Aeffchen die Gebetsfahnen anknabbern, die Langtangberge am Horizont sich langsam rot faerben, Kathmandu langsam in der Daemmerung versinkt und Moenche in weinroten Gewaendern an den Gebetsmuehlen drehen. In der Luft liegt der Geruch nach Kraeuter-Raeucherwerk wie in Tibet. Typisch nepalesisch fuer Touristen hingegen das staendige Gedudel von Om mane padme hum von immer der gleichen CD. Ich werde es wohl nie wieder aus meinem Kopf kriegen...

Auch am naechsten Tag nicht, denn da dudelt es auch hin und wieder, als wir die grosse Bodnath-Stupa besuchen, eines der Wahrzeichen Kathmandus, noch groesser als die Stupa auf dem Affenberg, noch intensiver blicken die auf goldenem Grund aufgemalten Augen Buddhas auf die Pilger und Touristen hinab. Und noch tibetischer geht es zu rund um die Stupa. Kleine Kloester, unzaehlige Gebetsmuehlen, die uralte Reispapierrollen mit Gebeten enthalten, Pilger mit langem schwarzen Haar, in typischen Zoepfen gebaendigt, Menschen mit buddhistischen Rosenkraenzen in den Haenden, immer im Uhrzeigersinn um die Stupa gehend, Frauen in tibetischer Tracht, ich habe ein Deja-vu wie selten. Betrete schliesslich einen kleinen Klosterraum, in dem 2 Moenche sitzen, bestaune die goldenen Buddhas, naehere mich den freundlich drein blickenden Moenchen vorsichtig, werde herangewinkt. Ich habe es hundert Mal in Tibet gesehen, was folgen sollte. Einer der Moenche zeigt auf meinen Rosenkranz. Aus dem Jokhangtempel, sage ich ihm, er nimmt ihn, nickt anerkennend, laesst mich niederknien, behaelt den Rosenkranz, reibt ihn in den Haenden, beginnt, Mantras zu murmeln, beruehrt mit dem Kranz meinen Kopf, ich neige meine Stirn tief, als er mich weiter segnet, schliesslich einen dieser weissen Seidenschals nimmt, mir diese Katha um den Hals legt, mir meinen Rosenkranz wiedergibt und mich mit einem Laecheln entlaesst...




Am Vormittag dieses irgendwo magischen Tages besuchen wir Pashupathi Nath, einem heiligen hinduistischen Ort am Bagmatifluss, hier wird besonders Shiva gehuldigt, hier werden aber auch Tote verbrannt, deren Asche vom Fluss davongetragen wird, hin zum heiligen Ganges. Ehe wir uns versehen, haben wir einen Guide, der aber nicht nur unser Geld will, sondern uns auch wirklich sehr viel erklaert. So erfahren wir, dass es nicht erwuenscht ist, bei den Verbrennungen zu klagen und zu weinen, denn die Seele des Toten soll nicht verunsichert werden. Dennoch wird es spaeter herzergreifend, als ein Familienvater aufgebahrt wird. Eine der Toechter schreit, weint, Babaaa, Babaaa, ruft sie, beruhigt sich lange nicht, waehrend der Vater einwickelt in organgefarbenen Stoff mit den Fuessen im Fluss liegt. Das reinigt den Toten, bevor er aufgebahrt wird, ihm Familie und Freunde Blumenketten umhaengen, Abschied nehmen, indem sie den Toten drei- bis fuenfmal umrunden. Dem aeltesten Sohn oder der aeltesten Tochter (wenn die Mutter stirbt, soweit ich es verstanden habe) obliegt es dann, das erste brennende Holzscheit auf den Leichnam zu legen, an den Mund. Waehrend die Flammen langsam von dem Vater Besitz ergreifen, wird das Maedchen, das wieder laut weint, weggefuehrt, viele andere bleiben stehen, sie bleiben, bis alles verbrannt ist. Der Geruch, der herueberweht zu uns oben auf einem kleinen Huegel, laesst jeglichen Appetit auf Fleisch vergehen... wenige Meter neben dem brennenden Toten tollen Jungs im Wasser herum, spielen Ball, etwas weiter am Ufer wuehlen Menschen zwischen Plastiktueten und verkohlten Holzbloecken nach Ueberbleibseln der Toten, seien es nun Goldzaehne oder anderer Schmuck. Und in unmittelbarer Reichweite stehen kleine Tempel mit Fruchtbarkeitsstatuen, die von Paaren besucht werden, die sich Kinder wuenschen und dafuer Rituale vollziehen, die Schwangerschaft versprechen. Geburt und Tod liegen hier nah nebeneinander...





Nepal Teil 2

Faul sein

Was macht man nach acht Tagen Trekking? Sich eine Massage goennen, genau. Doch vorher muss erstmal der Dreck der letzten Tagen abgespuelt werden. Es ist so faszinierend, wie dankbar man fuer eine simple heisse Dusche sein kann, ordentlich Wasserdruck dahinter. Ein Traum. Zwischen Dusche und Massage liegt allerdings auch noch ein bisschen Weg im beschaulichen Pokhara. Zwar nicht weit, aber es liegt ein Shop am anderen. Besonders die Buecherlaeden sind amuesant. Es gibt naemlich offenbar nichts, was in Nepal nicht kopiert werden kann, von der Outdoorbekleidung (northface-Kopien liegen ganz vorn im Rennen, gefolgt von Mammut) ueber Batterien hin zu, ja, auch Buechern. Das erkennt man an den zahlreichen Rechtschreibfehlern schon auf den Covern, wo mal eben mehrere englische Woerter zu einem zusammengefasst werden - sowas wie "tragicevents onEverest". Dafuer kostet das Buch natuerlich auch nur noch ein Viertel von dem, was es in Deutschland kosten wuerde. Aber ich wuerde da wohl irgendwann iwd-maessig den Rotstift ansetzen ;-)

Des Weiteren trifft man zwischen Dusche und Massage wieder die gleichen Leute, die man schon auf dem Trek getroffen hat. So laeuft uns Fernando wieder ueber den Weg, ein junger Argentinier. Er hat einen bleibenden ersten Eindruck bei mir hinterlassen, wie er so auf der Terrasse einer Lodge sass und wahrscheinlich grad ueberlegte, wie er dort am schnellsten aufs Klo kommen koennte. Unser Guide nickte nur mitleidig in seine Richtung und meinte "Durchfall, ich glaub, er ist krank". Mein Mutter-Teresa-Instinkt meldete sich, Fernando bekam Perenterol und Kohletabletten. Hat geholfen :-)

Irgendwann schaffen wir es, das empfohlene Massagezentrum zu finden, doch sorry, grad alles voll. Also ab ins naechste. Kleine, durch Vorhaenge abgetrennte Abteile, ein Ventilator, der einem die Kleidung schon von selbst runterpustet. Ich krieg noch Angst um meine abgstellte Handtasche, doch dann hat die Masseurin mich im Griff. Ayurveda-Massage. Sie quetscht, drueckt, knetet, Fuesse, Beine, Ruecken, umdrehen bitte, Madam. Aeh, ja. Sie deckt mich obenrum ab, quetscht, drueckt, knetet, Fuesse, Beine, sie deckt mcih obenrum auf und faehrt ungerueht mit Quetschen, Druecken, Kneten fort, erst am Bauch und dann weiter oben. Ganzkoerpermassage pur. Aber nicht schlecht. Als letztes kommt der Kopf dran, duftendes Minzmassageoel paart sich mit Resten des Niveaushampoos, mein Kopf ist eine mischung aus zerwuehltem Vogelnest und gegeeltem Kunstwerk, trotztdem laechle ich beseelt. Wenig spaeter treffen wir "unsere" Spanier wieder, Charlie, wie er laut und staendig von puta madre und hostia spricht, dem ergrauten Zopfmann, wie er selbstgeerntete, aehem, Kraeuter ins Zigarettenpapier packt und dann auch so beseelt laechelt wie ich nach der Massage.

Der folgende Tag in Pokhara ist nicht so viel anders. Wir sind froh, dass die Schlafsaecke wieder etwas trockener sind und meiner nicht mehr ganz so sehr nach Yak und Fuss riecht, wir wieder saubere Waesche anziehen koennen und nochmal zur Massage gehen werden. Vorher gibts Fruehstueck, was ich noch lansgamer als sonst esse, weil ich die Augen nicht abwenden kann vom wunderschoenen Bergpanorama, auch wenn schon wieder Wolken aufziehen. Dann gehts auf zum Bootfahren auf dem Phewasee. Wie in Schweden im Kanuurlaub bei einer Freundin neige ich in der ersten halben Stunde dazu, Marco mit meinem wackeligen, aber ungemein schweren Holzpaddel eins zu verpassen, weil er meiner Meinung nach falsch lenkt und ich zu viel paddeln muss. Als ich schliesslich hinten paddle, geht es auch erstmal (?! ja gut, meistens...) im Zickzackkurs ueber den See und ich verzichte auf Handgreiflichkeiten. Um jegliche weitere Aggressionen zu verhindern,gibts nach dem Paddeln erstmal wieder Dhal zu essen und dann die naechste Massage.



Diesmal gibt es hellere Raeume, weniger Ventilator, mehr einschlaefernde Musik. Ich liege schon auf der Pritsche, werde mit Handtuechern abgedeckt, vom Chef gefragt, ob alles so passt, schliesse die Augen, Marco hingegen sieht noch alles. Und das hat nicht grad zu seiner Entspannung beigetragen, denn er weiss, wer mich massiert, waehrend ich schon schnurren koennte wie ein Kaetzchen, als die Haende erstmal sanft ueber meine Beine streichen und dann meine Fuesse und Waden bearbeiten, mit einem angenehmen, aber festen Druck, den ich so noch nicht kannte. Ich glaub, ich hab fast aufs Handtuch gesabbert, weil ich fast eingeschlafen waere. Dann sagt Marcos Masseur etwas. Und ich hoere eine ebenso tiefe Stimme nahe meinem Ohr antworten, waehrend die Haende meinen Nacken kraulen. Ein Mann, denke ich mir, und zucke innerlich mit den Schultern. Solange er nicht sagt, umdrehen, Madam. Tut er aber. Ich bin versucht, die Augen zu oeffnen, um schockiert zu sehen, welcher der Jungs mich grad in der Mache hat. Doch irgendwie ist das zu schwer, ich fuehle mich zu wohl, also dreh ich mich um und schwupps, bekomme ich ein kleines Handtuch auf die Brueste, alles klar. Die folgende Bein-, Bauch- und Oberkoerpermassage fliegt an mir vorbei und ich laechle am Ende noch beseelter als sonst. Wer irgendwann in Pokhara ist, muss diese Massage bei diesem Menschen ausprobieren!!!

Am Abend treffen wir Fernando wieder, im Busy Bee, einer Kneipe mit Garten, Live Musik von der Stadtjugend, grossartigen Steaks, serviert in einer noch brodelnden Sosse. Waehrend wir uns daran laben, ist die Tanzflaeche voll, und zwar von Maennern! Mag dran liegen, dass nepalesisch angehauchte, harte westliche Rockmusik dann doch weniger Frauen dazu bewegt, ihr Haar zu schuetteln, bis sie Gleichgewichtsprobleme kriegen und Luftgitarre zu spielen, wie es wahrscheinlich auch nach mehreren Everestbier noch peinlich-lustig waere...



Kathmandu ruft

Wir haben Bergsicht. Und zwar vom Bett aus, wenn man die Gardine zur Seite schiebt. Es ist ein wunderbarer klarer Morgen, so wie er sein sollte im Oktober. Der Machapuchare glitzert im ersten Sonnenlicht gegen 6 Uhr. Ich spurte hoch auf die Dachterasse, Shirt verkehrtrum an, egal. Und sehe dann endlich auch den Dhaulagiri, meinen 7. Achttausender...

 das isser, der Dhaulagiri...



letzter Blick auf Pokharas Hausberge...


Dies war ein schoener Abschied von Pokhara. Wir sitzen wieder im Bus nach Kathmandu. Diesmal aber ganz vorn. Ganz ganz vorn! Neben dem Fahrer. Die Hupe ist hier so laut, dass man denkt, sie sei drinnen installiert, ich schrecke jedes Mal zusammen und hoere sie noch ein paar Augenblicke spaeter widerhallen in meinem Ohr. Bei voraussichtlich 7 Stunden Fahrt erstmal beunruhigend. Auch der laute Blinker, der jedes Mal piepst. Doch so oft wird er nicht gebraucht, der Bushelfer an der Tuer haelt stattdessen den Arm raus, gibt Klopfzeichen, wenn die Luft rein ist. Nach 10 Minuten macht alles einen Heidenspass, jedes Schlagloch, jedes Ueberholmanoever, wenn es denn auch scheitert. Da haben die Leute vor uns halt noch laenger was zu gucken, 2 Westler vorn drin in nem Bus gibbet halt nich alle Tage, wir werden von Busdaechern herab beaeugt, von Mensch wie angebundener Ziege. So vergehen acht Stunden Fahrt wie im Flug... Kathmandu hat uns wieder, die Luft ist wieder staubiger, schmutziger, alles ist wieder laut und doch - langsam wird es symphatisch...

Montag, 25. Oktober 2010

Post Trekking

Die Zeit in Nepal neigt sich nun auch fuer mich dem Ende entgegen. Ein guter Zeitpunkt, um die restlichen Tage nach dem Annapurna Basecamp Trekking nochmal Revue passieren zu lassen, auch wenn es mir grad nicht so gelingen will, weil noch ein Ausflug ansteht.... Daher nur kurz...in Bangkok gibt es dann wohl mehr zu lesen...Von der Massage ueber die haeufigen freudigen Wiedersehen mit Mitwanderern, neuen Freundschaften (Viva Argentina!!! ;-), klarer Bergsicht bis zum Dhaulagiri, die 8stuendige Fahrt vorn neben dem Busfahrer, Leichenverbrennungen am Fluss, Wiedersehen mit Tibetern, Segnung vom Moench, Ausflug mit 5 verrueckten Jungs und Rueckfahrt in ner Sardinenbuechse, Bueffelhirn und -zunge aufm Teller bis hin zu wunderschoenen Menschen... Fortsetzung folgt, morgen gehts nach Bangkok, Hochwasser begucken und hoffen, dass es nicht noch schlimmer wird...

Dienstag, 19. Oktober 2010

Die Tour ins Heiligtum...

Das Taxi rumpelt ueber die Strasse, die Sonne steht schon hoch. Draussen werden aus riesigen Bambusstangen Schaukeln gebaut, Kinder tollen umher. Es ist die Zeit des groessten nepalesischen Festvals, Dashain, 2 Wochen lang dauert es, Kinder haben einen Monat schulfrei, weil kurz davor und danach noch anderes zu feiern ist. Familien kommen in diesen Tagen zusammen, am Ende erhalten Junge von Aelteren die Tikka, ein Mal auf der Stirn, meist rot, aber auch weiss oder schwarz. Wir hingegen werden wandern mit Tika, unserem Guide, dessen Name gleich dem des Males ist, oder gut, eigentlich heisst er Tikaram, aber Tika reicht. Wir schluepfen frohen Mutes aus dem Taxi in Nayapul, begegnen vielen Trekkern, die schweissgebadet wohl nur noch eine Dusche wollen oder aber wie wir den Bergen entgegenhecheln.

Der Trek hinauf ins Annapurna Base Camp ist einer der am meisten begangenen. Weil man eben in kurzer Zeit mitten drin steht in den Bergen und noch dau einen Achttausender direkt vor der Nase hat. Ich zweifle vorher ab und an, ob es das nun wert ist, von franzoesischen Horden fast von deren Trekkingstoecken wechselweise erschlagen oder erstochen zu werden oder von griesgraemigen, schnurstracks drein laufenden Deutschen den Hang hinuntergeschubst zu werden, weil man selbst nicht schnell genug zur Seite springt (obwohl, da waere ja der Hang...). Und ich habe Probleme, die Landschaft um mich herum zu begreifen. Gruen. Saftig. Es duftet nach frisch gemaehter Sommerwiese, Kraeutern aus der Kindheit, Kuhmist und Maultierkacke, der Schweiss rinnt den Ruecken hinunter und klebt auch sonst ueberall, die Zikaden zirpen und kreischen, dass es in den Ohren klingelt, die Baeume stehen dicht an dicht und es tropft von den Blaettern, die Steinwege sind teils noch glitschig. Dann laufen wir wieder durch Reisterassen, ein unwirkliches Gruen nach der kargen Landschaft Tibets.



die Bambusschaukel

Die Menschen hier sind meist etwas rauer, eben an Touristen gewoehnt, die ueber ihre Terassen latschen, vorbeischlurfen an ihren kleinen Berghaeuschen, da wird seltener gelaechelt oder zurueckgegruesst. Wer oft gruesst, obwohl sie die schwerste Arbeit haben, sind die Porter, die Traeger, die entweder 3 Rucksaecke auf einmal zusammengeschnuert auf ihrem Ruecken tragen oder Cola, Kartoffeln und alles andere Noetige hinauf in die Guesthouses der Berge schleppen. Meist sind sehen die Traeger anders aus als die Nepalesen, deren indischer Einschlag unuebersehbar ist. Die Traeger haben oft tibetische Vorfahren, auch wenn es im Annapurnagebiet selten Sherpas sind, die findet man eher um den Everest herum.

In tieferen Gefilden krabbelt aber auch alles, was es in Tibet nicht gibt. So sitzt am ersten Abend eine respekteinfloessende Spinne an unserer Tuer, die zwar des Nachts rausgekrabbelt ist, morgens dann aber just in der Hoehe meiner Haare draussen am Tuerrahmen wartete, wieder eingelassen zu werden und dann via meiner Haarstraehne das auch schaffte. Wenigstens war ich dann wach ;-)



Nachdem der erste Tag recht entspannt begonnen hatte, wurde der 2. zur grossen Herausforderung. Es ging ungelogen tausende Steintreppchen bergauf und -ab. Und Tika war in Redeschwung. Nun lief ich schon immer als letzte von uns dreien, weil ich es nicht ausstehen kann, die Pickel der Trekkingstoecke Marcos schon in meinen Fersen zu spueren. Und mich nicht messen will, wer nun schneller ist. Dennoch bekam ich hinten natuerlich alles mit, was die Herren besprachen. Es war meist recht interessant, weil Tika wirklich viel ueber Flora und Fauna wusste, aber beim 10. Bluemchen war bei mir Schluss mit der Geduld, nein, ich bin nunmal nicht der Biologe hier, ich moechte weitergehen! Nur an manchen Straeuchern, die bei uns nur versteckt mit viel Licht und Liebe im Keller gedeihen, da bin ich natuerlich stehen geblieben ;-)

Und stehen geblieben sind wir auch, als wir die Berge das erste Mal sahen, wie sie herausragten aus den Wolken. Solche Anblicke hievten mich auch die 3000. Stufe nach oben. Und die Aussicht auf ein Snickers in der naechsten Huette, nachdem die Aussicht auf eine warme Dusche nach dem 1. Tag gestrichen wurde. Einmal muss reichen, ab jetzt gibbet nur noch kaltes Wasser. Auch von oben. Zumindest aus den Wolken, abends, dazu ein frischer Wind. Und - die ersten Wehwehchen stellen sich ein. Ein Dal Bhat muss wohl nicht mehr ganz so gut gewesen sein. Jedenfalls spurtet Marco selbst nach 9 Stunden Wandern abends mehrmals sehr schnell los, Ziel lag hinter der kleinen Holztuer an der Terrasse. Danach gibt es regelmaessig Berichte, was so im Inneren bei ihm vorgeht. Bis ich nichts mehr davon hoeren will, weil ich ploetzlich selbst im Schlafsack sitze und nur denke, Mist, wo sind die Schuhe, bevor ich selbst in Hoechstgeschwindigkeit ueber die Terasse fege, hin zur Holztuer. Nach dreimal isses gut und ich kann schlafen, Tibeterfahrungen und Perenterol helfen mir da, waehrend Marco noch etwas unsicher morgens an den Kohletabletten nestelt.


ein erster Blick auf den Hiunchuli (6441m), links daneben baut sich die Annapurna Sued auf

ab durch den Urwald

der Machapuchare im letzten Abendlicht...

...und mit den ersten Sonnenstrahlen


ein paar der tausende von Treppen 

Schliesslich ist der grosse Tag da. Am 4. Tag geht es hinauf ins Base Camp. Da moechte man doch unterwegs nicht unnoetig stoppen muessen, ausser zum Luftholen, denn der Sauerstoff wird knapper. Ich merke davon nicht viel, die Akklimatisierung haelt noch. Die Affen in den Baeumen und auf den Felsen tollen dennoch herum, als waers nix. Vielleicht freuen sie sich auch darueber, wie ich mit zittrigen Knien todesmutig ueber eine klapprige Bruecke hetze, hinter mir ein Ast in den Fluss verschwindet und Marco auch noch drueber muss. Das Rauschen der Wasserfaelle, die die steilen Felsen hinabstuerzen, haetten jeden Hilfeschrei erstickt. Oder er waere als Jubel missinterpretiert worden, denn so ein Schrei steckte mir fast in der Kehle, als sich immer deutlicher die Berge vor uns abzeichnen.





rechts die grosse Annapurna I, links die kleinere Annapurna Sued

der Machapuchare

Annapurna III

Annapurna I

Die Landschaft hat jetzt gewechselt, ist rauer, keine Baeume mehr, nur noch Straeucher, Graeser, Felsen. Noch schnell einen Tee im Machapuchare Base Camp. Der Machapuchare ist ein wunderschoener Berg, aehnlich dem Matterhorn, doch etwas anders, seine Spitze aehnelt einem Fischschwanz, leicht gegabelt, daher auch sein Name auf Englisch, Fishtail. Er ist heilig, darf nicht bestiegen werden/ Er liegt in unserem Ruecken, waehrend sich vor uns die Annapurna Sued aufbaut. Und dann, endlich, rechts vor uns die 8091m hohe Annapurna I, einer der gefaehrlichsten Achttausender, man sagt, 40 Prozent der Bergsteiger, die sie erklettern wollten, haben es nicht mehr lebend hinab geschafft... Doch schoen ist sie allemal... nach insgesamt 4 Stunden Wanderung stehen wir im Heiligtum der Annapurna, dem Sanctuary, im Base Camp, umringt von diesen Bergen, hoeren Lawinen abgehen, Steinschlaege, Eisabbrueche. Stille, Rabengekraechzt, Bewunderungen der anderen Trekker fuer diese grandiose Inszenierung der Natur. Unter uns, weit unter uns, die graue Moraene des Gletschers, der sich immer weiter schiebt, es knackt hoerbar ab und an. Nach und nach schieben sich Wolken vor die Berge, verhuellen sie erst leicht, dann ganz, ploetzlich wird es kuehl, Nebel zieht herauf, binnen Minuten ist die Sicht von kilometerweit auf ein paar Meter geschrumpft, die Temperatur von angenehm warm auf unangenehm frisch gesunken.


vor der Annapurna Sued

meine Kathedrale...

die Drei vorm Achttausender

eine Gebetsfahne fuer meine tibetischen Freunde

eine Erinnerung an einen der besten Bergsteiger seiner Zeit...umgekommen in einer Lawine an der Annapurna

Sport!!!

Wir waermen uns mit Tee und - mit Volleyball. Nachdem die Guesthouse-Angestellten stundenlang gespielt hatten, immer mit einem Lachen, sind wir dran, schnappen uns den Ball, ein paar Spanier, Hollaender machen mit. Und es klappt, wenn auch mit einigen Japsern seitens Marco, wir sind stolz, nach einer guten Stunden verschwitzt, aber gluecklich zurueck ins Guesthouse zu schlendern, es ist schnell dunkel geworden. Drinnen gibt es leckere Kartoffeln mit Kaese ueberbacken und eine Philosophiestunde von Tika, der wohl schon einen Local Wein zu viel hatte, als er mit mir darueber diskutiert, dass Maenner so stark und Frauen ja doch die Schwaecheren seien, andererseits aber Muetter werden wuerden. Die anderen Guides und Traeger kichern, klopfen ihm auf die Schulter, ich bin mittlerweile die einzige Frau und ruhig gestellt von meiner heissen Schokolade, so dass auch ich nur lache, ich kann ihm auch schlecht boese sein, wenn er zum 5. mal den Satz neu anfaengt und dann doch abschweift...

Waehrend ich in der Nacht es den Murmeltieren gleichtue und eingemummelt von kurz nach 20 Uhr bis 6 Uhr durchschlafe mit nur einer kurzen Pause, hat es Marco nicht einfach und schnappt kurz vorm Wegnicken immer wieder nach Luft. Das ist der Preis der Hoehe, es geht oben jedem 2. im Camp wohl so, zumindest ist es eine haeufige Klage. Ich bin dankbar, nie diese Atemnot gehabt zu haben. Morgens verzieht sich der fruehe Regen, doch die Wolken bleiben, reissen hier und da auf, verschleiern aber meist zumindest leicht die Berge ringsum. Auf den Huegeln liegt Schnee, die Nacht war kalt.







Wir verabschieden uns von dieser imposanten Landschaft und steigen ab. Kommen in den naechsten 2 Tagen nachmittags in einen Regen, der dem im Monsun in nichts nachsteht. Gelangen schliesslich an heisse Quellen, baden und muessen mit Schrecken feststellen, dass auch uns die nepalesischen Blutegel nicht verschont haben. Ungefaehrlich sind sie, aber hartnaeckig. Den ersten lasse ich noch unter grossen Gelaechter von einem Nepalesen entfernen. Den 2. rupfe ich Marco vom Fuss, den 3. entferne ich an meinem eigenen kurz vorm Essen, den 4. zieht sich Marco selbst aus der Kniekehle, den 5. schnippt er noch schnell von der Hose.



Blick zurueck...



ein selbst gebautes Riesenrad...

die Kuh hinter der Waesche :-)


All diese Geschichten tauschen wir immer wieder mit den selben Leuten aus, die die gleiche Richtung haben wie wir. Diesmal sehr angenehme Reisegefaehrten ;-)  In die Gegenrichtung sind hingegen oft menschen unterwegs, mit denen wir nicht gehen wollten. Maedchen in sehr kurzen Shorts und mit make up, Frauen, die ihren Lockenstab dabei haben, riesige Gruppen Franzosen. Da sind wir froh, nur Tika bei uns zu haben, der mal wieder vom Hoelzchen aufs Stoeckchen kommt in seinen Erzaehlungen, aber doch immer ein sehr lieber Kerl ist, der selbst im stroemenden Regen noch laecheln kann oder einfach voran eilt, damit Marcos Daunenschlafsack im Rucksack nicht nass wird, sondern schnell in die trockene Huette kommt. Danke, Tika!

Und so kommen wir wieder in das Gebiet der Reisterassen, der grasenden Bueffel, der billigeren Preise. Oben kostet die Dose Cola schonmal fast 2 Euro, unten 80 Cent. Oben schleppen es Menschen, hier gehen die Maultiere mit ihren Gloeckchen um den Hals all die Stufen und schleppen, zusammen mit den Menschen. Die Luft ist wieder voller Gerueche und Sauerstoff. Unsere Gesichter voller Schweiss, aber auch Glueck. Wir haben es in acht Tagen geschafft. Keine Verletztung, und auch die Verdauung ist wieder intakt. Und am Abend gab es in Pokhara eine Stunde Massage. Tausende Treppenstufen und einige Kilo Gepaeck hatten ja schon etwas gequaelt. Doch das gehoert ja dazu. Und ja, wert war es das alles, aller Touristenherden zum Trotz.