Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Donnerstag, 13. März 2014

Viele Wege führen nach Auckland

Die erste Nacht auf neuseeländischem Boden verlief kaum anders als die Nächte davor. Wenig Schlaf für mich, etwas mehr für Haimon, genug für Oskar, der mal quer auf mir oder ausgestreckt zwischen uns lag. Doch der Reiz des Neuen lässt uns schnell wach werden. Auf nach Auckland! Nur wie kommt man hin? Es ist Samstag, der Pendlerbus fährt nicht. Und Joanna hat wohl noch nie in einem Bus gesessen - sie bemüht sich zwar nach Kräften, uns einen Weg zu erklären, doch wohl fühlt sie sich nicht dabei, will uns sogar den billigen Autovermieter um die Ecke andrehen. Nix da, wir werden noch genug selbst fahren. Also begeben wir uns zur Bushaltestelle, die kaum als solche zu erkennen ist, nur ein Mast, daran ein Schild mit einem Code, Singapur lässt grüßen. Der Fahrplan ist eher eine Richtlinie, so ungefähr sollte der Bus fahren. Er kommt tatsächlich recht pünktlich, doch oh Schreck, kein rechter Platz für den Buggy. Doch auch wenn wir irgendwie drin quetschen und den Durchgang behindern - keiner guckt uns schräg an dafür. Liegt auch an Oskar, der fröhlich alles beäugt. Am nahen Einkaufszentrum müssen wir raus, umsteigen. Ein Chinese vertreibt sich die Wartezeit, indem er rückwärts läuft. Nun gucken wir. Er erklärt es uns - es halte den Kopf fit. Immer wieder nickt er uns später im Bus kurz wissend zu. Aha. Die Busfahrt war ansonsten nicht wirklich schön - eine Stunde in einem Stadtbus, in dem man so tief sitzt, dass man kaum rausschauen kann. Es wird warm, stickig, Oskar müde und hungrig, oh nein! Draußen Vorstadttrostlosigkeit. Wir sind froh, endlich anzukommen. Aber so recht einnehmen will uns die Stadt nicht. Es fehlt ihr irgendwas, irgendein Herz, Atmosphäre. Was auch immer, eines sollte man auf jeden Fall besuchen: Den weithin sichtbaren Skytower.

Es drückt in den Ohren. So schnell saust der Fahrstuhl hinauf ins erste Besucherdeck des Skytowers. 192 Meter über Auckland kann man nicht nur drinnen lang laufen, auch draußen, oder man springt gleich ganz runter. Machen sie hier ja gern, die Bungee-Pioniere. Wir gucken nur und laufen über gläsernen Boden. Ist ja fast so wie runterspringen. Unten im Hafen liegen tausende Segelboote. City of Sails ist also zu Recht der Beiname Aucklands. Im großen Hafen liegt noch ein großes Containerschiff der Hamburg Süd vor Anker, ist fertig beladen und wird wenig später rausgeschubst. Komisch, so weit weg von zuhause einen vertrauten Namen zu lesen, das zweite Mal nach dem Laden "Vom Fass" in Singapur. Oskar kümmert's derweil wenig, er mampft seinen Brei und seinen Nachtisch zwischen Tür und Angel, wo er auch gleich noch gewickelt wird. Und dann schläft er tatsächlich ein im Buggy. Paradiesisch.



Wir wollen in einen Park, doch der einzig nahe ist nicht recht einladend, zumal da grad auch eine Messe stattfindet. Also auf zur Hafenpromenade. Hier ist in den vergangenen Jahren eine nette Kneipenszene entstanden, Spielplätze gibt es auch und die Fähre nach Hause ist auch in der Nähe. Denn nochmal so lange Busfahren kommt nicht in Frage. Dann lieber nochmal Taxi ab dem Fähranleger, sollte kein Bus mehr fahren. Wir schlendern also die Promenade entlang, finden einen Wasserspielplatz und ehe wir es uns versehen, sitzt Oskar quietschfidel im kühlen Nass. In vollem Ornat natürlich. Wir lassen ihn planschen, doch irgendwann muss er raus. Mordsgeschrei. Ausziehen. Mordsgeschrei. Abtrocknen. Mordsgeschrei. Anziehen. Mordsgeschrei. Andere Kinder - Stille. Und schon macht sich unsere kleine Elster auf, das Spielzeug der kleinen Kiwis mal genauer zu inspizieren, freundet sich an mit einem älteren Jungen. Den Spaziergang schließen wir ab mit einem netten Essen, bisschen Fisch, bisschen Fleisch, ein neuseeländisches Bier. So langsam kommen wir an. Und die Fährfahrt versöhnt uns vollends. Aucklands Skyline glitzert in der Abendsonne, wird immer kleiner, wir rasen vorbei an grünen Inseln, der Wind weht uns fast weg, Oskar bandelt drinnen mal wieder mit anderen Passagieren an und bleibt sogar bei der anschließenden Busfahrt noch brav. Auch wenn ihm wohl die grandiosen Aussichten auf die Buchten und schönen Vorgärten egal sind. Was für ein Kontrast zu heute vormittag...

Da hat wohl wer das Spielzeug geklaut...




Kaum, dass Oskar vorerst in seinem Zelt verschwunden ist, habe ich Zeit, wieder zu grübeln. Morgen sollen wir also unseren Camper abholen. Wird alles klappen? Die Vermietung hatte sich gar nicht mehr gemeldet, ob sie uns nun wie auf der Homepage versichert auf dem Flughafen abholt. Und kommen wir dort überhaupt gut hin? Sonntags fahren noch weniger Busse als samstags. Immerhin dürfen wir unsere ganzen Klamotten bei Joanna stehen lassen und später mit dem Camper abholen. Mir rauben die ganzen Gedanken trotzdem etwas den Schlaf. Dass ich dann doch wegnicke, verhindert Oskar. Er jault und hustet und schnieft. Oh Gott. Wie soll das nur im Camper werden, denke ich. Könnte ich in die Zukunft gucken, wäre ich ruhiger. Denn bald werde ich schlafen können...

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