Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Mittwoch, 12. März 2014

Neuseeland!

Da! Da! Daaaaaa! Wir lehnen uns vor, wollen einen Blick erhaschen auf das Land ganz am anderen Ende der Welt, das sich nun zeigt, als der Flieger sich langsam Auckland nähert. Wir sitzen in der Mitte, können also nur hin und wieder einen Blick erhaschen auf ein paar grüne Hügel, ein bisschen Meer. Selten hat so wenig für so viel Aufregung gesorgt. Auch unsere Sitznachbarin, vollverschleiert und mit einem Kleinkind aufm Arm, guckt, wenn auch etwas müde. Die Nacht im Flieger war anstrengend für sie - während wir uns komfortabel abwechseln konnten mit dem Essen, kam sie kaum dazu, weil ihre kleine Tochter nicht recht schlafen wollte. Tat sie es, krähte Oskar, tat er es, krähte sie. Schon beim ersten Mal hab ich Oskar aus seinem Bett geholt. Zumal ich wieder das Anschnallzeichen fürchtete, denn ab und an schaukelte das Flugzeug doch etwas. Aber nein, die Crew war entspannt, wenn auch nicht so nett wie die erste. Nun, Oskar hats gefallen, so aufm Arm bei Mama... Da sitzt er auch jetzt wieder, mittlerweile sind wir unspektakulär gelandet und steuern zielstrebig auf die Einreisebehörde zu. Werden die uns das Baby-Essen durchgehen lassen? Was ist mit meinen alten Wanderschuhen, die ich trage? Neuseeland ist unglaublich streng, was Hygienevorschriften angeht: Keine Nahrungsmittel, im Wald darf man nicht rumgelaufen sein, Campingsachen werden gleich ganz genau kontrolliert. Auch Poster warnen, dass die Behörden jeden noch so gut versteckten Apfel, jeden noch so unscheinbaren Keim finden werden...

"Hi guys, haureya" - ich kann mir zwar denken, was letzteres heißt, aber ich bin noch zu baff von der lockeren Anrede des jungen Neuseeländers vor uns, der grad unsere Pässe checkt, Oskar mit einem "Hey buddy" anlächelt und dann weiter lässig die Einreiseformulare beguckt und alles nochmal fragt, was drin steht. Dann beugt er sich nach vorn, sieht meine Schuhe, krakelt was von "check boots" auf die Zettel, sagt auch was, doch ich versteh's diesmal echt nicht. Du lieber Gott, der Kiwi-Akzent. Wenig später werden wir auch rausgefischt, aha, check boots. Ossi guckt kurz misstrauisch, lässt sich dann aber betätscheln und freut sich über die zahlreichen "Hi"s der Beamten um uns rum und antwortet mit ebenso zahlreichen "Ei-daa!"s. Ich muss derweil auf einer mit irgendeinem Desinfektionsmittel getränkten Matte rumtreten. Dann darf ich gehen, beschämt auf meine alten Wanderstiefel guckend. Hat das Putzen also nix gebracht... Erst später, als wir vor mächtigen Kauribäumen standen, begriffen wir den Sinn der ganzen Aufregung. Schleppt man hier Keime rein, sterben die sensiblen Giganten.

Da standen wir nun. Wir hatten erstmal zwei Nächte in Auckland Zeit, bevor wir unseren Camper abholen mussten. Ich hatte ein Bed and Breakfast gebucht, die Gastgeberin hieß Joanna, wir würden in einem Zimmer in ihrem Haus wohnen, schön im Grünen, doch zentrumsnah, dachte ich zumindest. Nunja, der Bus dorthin kam nur einmal in der Stunde und umsteigen hätten wir auch noch müssen. Und weg war er auch grad. Also Taxi. Ich war erst für die sogenannten Supershuttles: Kleinbusse, die einen zu jeder Adresse in der Stadt bringen und paar Leute sammeln, bevor es los geht - oder aber entsprechend mehr Geld verlangen. Wir wären mit 50 Dollar dabeigewesen. Aber Haimon misstraute der Sache wohl und wollte ein normales Taxi. Fast normal, schließlich mussten all unsere Sachen inklusive Buggy reinpassen. Oskar blieb in der Manduca. Auch ok. Doch welcher Fahrer kennt unser Ziel? Gar nicht so einfach. Kopfkratzen. Hm. Hm. Ich wurde schon nervös. Dann hatten wir einen. Doch der wusste es auch nicht recht, was sich erst im Auto rausstellte. Nach zwei U-Turns und 45 Minuten und 125 Dollar Rechnung waren wir da. Verschwitzt, aber erleichtert, als wir den Schlüssel fanden und im Haus waren. Chicer Kitsch, blitzsauber. Draußen grüne Wiesen, zwitschernde Vögel, blauer Himmel, saubere Luft, Idylle. Auckland City weit weg, aber das war schnell egal.
Nett hier! Alles meins!

Blick von der Terrasse


Wir duschten, zogen uns um und los, auf zum Supermarkt, den Haimon mit einer tollen App gleich um die Ecke ausgemacht hatte. Endlose Regale Chips, Toastbrot, Wein. Schon früh dämmerte es uns, warum wohl so viele Neuseeländer etwas beleibter sind. Knackige Surfer gibt's nur beim Nachbarn. Hier herrscht die Gemütlichkeit! Auf dem Spielplatz nebenan krabbelt Oskar herum, freut sich, als existierte das Wort Jetlag überhaupt nicht. Daheim ist es mitten in der Nacht. Egal. Ein herrenloser Hund stromert herum, nette Nachbarn rufen den Besitzer, der auf dem Halsband steht, ganz freundlich an, sorgen sich eher um den Hund als um ihr Wohl, wie es wohl bei uns der Fall wäre. Alles etwas lässiger hier. Nett! Nett ist auch Joanna, unsere Gastgeberin, auch wenn sie kaum die Panik kaschieren kann, die sie offenbar überfällt, als sie Oskars Patschefinger auf dem Edelstahlkühlschrank sieht. Putzen sei ihr Hobby, gesteht sie uns später. Ach nee! Todmüde fallen wir ins Bett. Oskar gesellt sich schnell dazu. Zu unheimlich ist ihm sein Reisezelt, zu warm, zu anders alles. Und wir merken, es bahnt sich der erste Schnupfen an, der kleine Mann schnieft und hustet und schnieft und hustet. In Deutschland wär jetzt Tag. Warum also schlafen?! ;-)

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