Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Samstag, 5. April 2014

Bilderbuch Coromandel


Es muss am Namensbestandteil liegen - immer, wenn ich Coromandel höre, denke ich an Kokos und Mandeln. Irgendwas Süßes, Liebliches. Zartrosa Blüten. Die Coromandel-Halbinsel im Westen der Nordinsel hat nichts davon, doch eine Beschreibung dürfte trotzdem schon fast in den Kitsch abdriften. Herrliche, verschwiegene Buchten, viele grüne, vorgelagerte Inseln, tiefblaues bis türkises Wasser, subtropisches Klima, ja, sogar ein paar Kauribäume stehen noch, bizzarre Felsen dazu, die Straße schlängelt sich an ihnen entlang, ein paar Meter weiter sitzen unzählige Komorane am Meer, das dahinplätschert, ach, und Schafe gibt es natürlich auch, wie auf Postkarten. Auf dem Weg hinauf auf die Halbinsel überholen wir erst das Riesenschiff unserer deutschen Nachbarn und begegnen dann der schönsten Frau Neuseelands. Ausgerechnet an einer Tankstelle. Da steigt mein Liebster aus, schreitet zur Zapfsäule. Sofort nähert sich eine Schönheit, groß, blond, schlank, in schwarzen Leggings und ärmellosem weißen Top, ja, fast schon ein Männerunterhemd, das den Blick freigibt auf definierte Oberarme und leicht gebräunte Haut, ja, und natürlich, auf eine nette Oberweite. Fehlte nur noch bisschen Ölschmiere im Gesicht. Galant schnappt sie sich den Zapfhahn kurz vor Haimon und fragt mit charmantem Lächeln "Full?" In dem Moment hat Haimon wohl nicht mal mehr dieses eine Wort verstanden. Am Akzent hat's aber sicher nicht gelegen ;-)


Die nächsten Kurven auf der Straße nimmt Haimon denn auch gleich mit neuem Schwung, während Oskar eifrig bemüht ist, ihm den Gang rauszutreten. Zeit für eine Pause, denken wir und fahren links ran, ein netter kleiner Parkplatz gleich am Strand. Wir köcheln unser Mittagessen, Bauernfrühstück mit Blumenkohl, trinken unsere obligatorische Mittagscola und schauen Oskar bei der Entenjagd zu. Diesmal hat er sogar ein Stöckchen gefunden und krabbelt nun furchterregend fuchtelnd und schaukelnd auf eine Ente zu. Wenig später wird mir Angst und Bange. Ich steh in einem Klo und komm nicht mehr raus. Und das Klo steht mutterseelenallein weit weg vom Camper am Meer, und der Handyempfang ist auch weg. Irgendwie krieg ich die Verriegelung nicht auf. Die Schrecksekunden dauern ewig, bis ich merke, dass ich einfach den Verriegelungsknopf in die andere, ungewohnte Richtung drehen und drücken muss. Boah, gefangen im neuseeländischem Plumpsklo. Nee, danke...





Unser Tagesziel war nicht mehr weit entfernt. Wir schlängeln uns einen Hügel hinauf und müssen erstmal wieder anhalten. Zu schön ist es hier oben. Schafe, Hügel, Inseln, Meer. Oskar schläft, also haben wir Zeit, dieses Panorama in Ruhe zu genießen. Das ist Neuseeland aus dem Bilderbuch!






Unser Camp, das Long Bay Motor Camp nahe Coromandel Town, liegt direkt an Meer und Busch. Nicht weit ist es bis zur Tucks Bay, auch hier hätte man stehen können, allerdings weit weg von Dusche und Klo. Wir sind aber noch Top Ten verwöhnt und besuchen die kleinere Bucht dann zu Fuß. Oskar kann er mal wieder nicht erwarten und stürzt sich samt Klamotten ins Wasser. Erschreckend zielstrebig durchkrabbelt er die kleinen Wellen, so, als wolle er jeden Moment losschwimmen. Wer ihn bremst, erntet böses Geschrei.




Der Weg zurück ins Camp führt einen Hügel hinauf und hinein ins Kauri-Reich. Mitten im Busch stehen sie wieder, die dicken Giganten. Ein schöner Pfad führt zu ihnen und durch dichten Dschungel hindurch. Das können sie, die Kiwis, überall findet man solche kleinen "Walks", Wege mit Infotafeln, zehn, zwanzig Minuten manchmal nur zu gehen. Schön!



Kurz vorm Camp gucken Oskar und ich dann noch ein paar Fischern beim Entschuppen und Ausnehmen ihrer Beute zu. Für ein paar Dollar kann man selbst mit rausfahren, sagen sie uns, und selbst angeln. Ich zweifle nur, ob Oskar das in einem kleinen Bötchen spaßig finden würde. Er jagt ja eh lieber Enten. Ehe ich mich's versehe, ist er auch schon wieder auf der Pirsch. Doch diesmal hat er den gemächlich wirkenden Vogel vor ihm unterschätzt. Der hält nämlich so gar nichts von kleinen, vorlauten Kindern und schnappt zu. Schnapp, Finger ab. Naja, nicht ganz. Aber gezwickt hat's gehörig. Ein heulender Oskar und eine schnatternde Ente. Und Regen am Horizont. Feierabend!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen