Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Freitag, 11. April 2014

Ein bisschen Fujiyama



Die Sonne strahlt, die letzten Nebelschleier verziehen sich, hinterlassen feine Tropfen auf den vielen Spinnennetzen an den Bäumen, irgendwo kräht ein Hahn. Landidylle pur, hier in Whangamomona. Unsere lieben neuseeländischen Nachbarn rollen die Fußmatte vorm Wohnmobil ein, sie haben schon gepackt, weiter geht die Reise. Auch wir sind abreisebereit, Go West heißt die Devise. Wir wollen mal wieder den Wettergott herausfordern, diesmal am Mount Egmont oder Mount Taranaki. Der 2.518 Meter hohe Vulkan gilt als vollendete Schönheit, fast so wie der Fujiyama. Nur soll er sich genauso wie sein japanischer Bruder gern in Wolken hüllen, vor allem nachmittags. Daher tickt die Uhr und wir hüpfen in unseren Camper. Ich bin aber schnell wieder draußen. Denn das musste ich mir ansehen: Über dem Briefkasten des Campingplatznachbarn hängt ein Possum! Tot. Was auch immer das bedeuten soll, es bestätigt eins: Schräge Vögel hier in Whangamomona!


Der Weg gen Westen ist mal wieder geprägt von vielen Kurven. Und das auf Schotterpisten. Da rutscht man doppelt gut. Als wir endlich wieder Asphalt unter den Rädern haben, sind wir alle erleichtert. Oskar schafft es endlich, in seinen Vormittagsschlaf zu verfallen. Und fühlen uns plötzlich so ein bisschen wie in Japan. Am Horizont hinter grünen Hügeln erhebt sich der schneebedeckte Kegel des Mount Taranaki. Wolken legen sich wie ein Gürtel um seine Mitte. Traumhaft. Wenig später halten wir nochmal an, Picknick mit Aussicht, hatten wir ja länger nicht mehr :-)




Doch noch sind wir nicht da. In Stratford müssen wir noch einkaufen. Und dann zieht sich der Weg bis zum North Egmont Visitor Center. Mal wieder in Kurven durch Urwald hindurch. Oskar hasst das. Ich versuche, ihn zu unterhalten, fuchtle vor ihm rum, mein Arm ist eine Schlange, eine Ente, alles, nur, damit das Kind sich nicht so aufregt, Kekse helfen nämlich auch schon nicht mehr. Und schlafen will er nicht bei dem Gekurve. Verständlich. Und als wir endlich oben ankommen, ist nix mehr mit Berg. Flupp, in Wolken gehüllt. Och nö. Wir wandern trotzdem los. Es gibt ein paar nette Rundwanderwege, warum nicht, wenn wir schonmal hier sind. Und in der Manduca schläft das Kind sicher. Gesagt, getan. Wir wandern stet den Berg hinauf durch verwunschenen Wald und Oskar träumt. Auch hier sind die Wege wunderbar angelegt, fast schon zu schön, denn man kommt sich immer vor wie in einem Gewächshaus im Zoo oder wenigstens im Park. Nicht wie aufm Berg! Nur wenn man links und rechts guckt und die Erdrutsche sieht, die tiefen Kerben im Berg, dann begreift man, wo man sich befindet. Wir biegen ab und hüpfen an zahlreichen Possumfallen - alle leer - vorbei. Moment, wir haben doch Zeit, also zurück, weiter hoch bis zum Aussichtspunkt, aber ruck zuck. Wer einmal mit Haimon gewandert ist, der weiß, dass Zeitangaben auf Wegweisern halbiert werden müssen...




Vor uns liegen die weiten, fruchtbaren Ebenen der Provinz Taranaki. Das Meer ist zu erahnen, der Dunst nimmt jede Klarheit aus den Linien. Irgendwo dahinten ist auch der Tongariro National Park, irgendwo da, wo Anke und die Wolken sind, lachen wir. Die Arme muss noch öfter herhalten für solche Gags, immer wenn es regnet. Der Mount Taranaki lässt seine Wolken auch noch nicht los. Also trollen wir uns, bergab einen recht schmalen Grat entlang, zum Glück bewachsen mit Sträuchern und Bäumchen. Besser, man schaut, wo man hin tritt. Und deshalb fallen mir fast die Augen aus, als ich mich nach längerer Zeit umdrehe. Schnee! Berg! Blauer Himmel! So schnell, wie die Wolken aufgezogen waren, so schnell sind sie auch wieder weg! Grandios. Wir strahlen mit der Sonne um die Wette. 




Die Freude wollen wir mit einem Kaffee genießen. Im Visitor Center ist ja auch ein Café, also hin! Doch wir haben die Rechnung ohne die Öffnungszeiten gemachten. 15 Uhr, Kassenschluss! Oh man. Wir sitzen noch ein bisschen aufm Parkplatz, begegnen ein paar Gipfelstürmern, junge Deutsche, die heut morgen oben gestanden haben. Achja. Irgendwann mal wieder... 

Wir fahren weiter, runter an die Küste. Die Sonne knallt ins Auto, Feierabendverkehr in New Plymouth, braucht man nicht wirklich. Und wir sind uns uneins, wo wir übernachten sollen. Die Wahl fällt auf einen Strandort in der Nähe, Oakura, das Surfermekka. Der Platz ist recht nett, nur durch den Campweg vom Strand getrennt. Reiter preschen über den Sand, ein paar Surfer warten auf die perfekte Welle. Oskar buddelt. Komisch, vor drei Tagen war es noch nass und kalt. Und nun schön warm. Es sind diese Gegensätze, die unsere Reise so abwechslungsreich machen. Das Land so wunderschön. Wir genießen noch unsere Abendbier, die Jugendlichen, die eben noch an den Barbecues standen, sind auch schon im Körbchen. Nett, wirklich nett!



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