Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Donnerstag, 23. September 2010

Von Peking nach Lhasa


Ich hatte geschrieben, ich werde Peking mit einem Lächeln verlassen. So einfach war das dann doch nicht. Nicht zuletzt, weil es schüttete. Und ich noch nie Bus gefahren war, ein Typ aus dem Hostel aber meinte, komm, ich bring Dich zur Haltestelle, alles easy... er wirkte leicht glücklich wie nach 'nem guten Joint. Dennoch ging ich mit, schließlich war er doch ein guter Europäer, ein Holländer. Kaum waren wir an der Haltestelle, versuchte er tatsächlich auch noch, die Fahrpläne zu lesen, ich dachte, ohweh. Und dann meinte er, oh, da, steig ein. Ich stieg ein. Vorn ein Rucksack, hinten ein Rucksack, triefendes Haar, ein Zettel mit Schriftzeichen in der Hand, die sagen sollten, ich will zum Bahnhof. Tja. Nur die Antwort der Tickletlady verstand ich gar nicht. Ich wühlte in meinem Chinesischhelfer. Böser Fehler. Denn den krallte sie sich umgehend, nachdem sie mehrmals das Zeichen für Wechsel wie beim Fußball machte und ich mich schon überall in Peking ankommen sah, nur nicht a, Westbahnhof. Und nun hatte sie auch noch mein einziges Kommunikationsmittel, während mein großer Rucksack am anderen Ende des Busses stand, mir sowohl restliches Regenwasser als auch literweise Schweiß den Körper runterrann. Und ja, ich gebe es zu...beinahe auch Tränen, als sie partout mir meinen Sprachführer nicht wiedergab, sondern seelenruhig drin blätterte, während wir im typischen chinesischen Affenzahn für 10 Sekunden losfuhren um wieder abzubremsen. Und dann stand er da. Ein Engel. Ein Chinese, der Englisch konnte. Mich beruhigte, mit mir ausstieg, meinte, ich könne zwar die eine Haltestelle bis zum Bahnhof gehen, aber auch einen anderen Bus nehmen, er käme mit. Oh man. Ich hätte ihn knutschen können.

Doch als ich am Bahnhof ankam, hatte mich diese Euphorie wieder verlassen. Was ich bisher an Menschenmassen gesehen hatte, wurde übertroffen. Wie Schafe im Pferch. Durch Securitychecks, die doch keinen interessieren. Gott sei dank war die Nummer der Wartehalle in normalen Zahlen angezeigt, ebenso meine Zugnummer. Dahin zu kommen - zwecklos, überall saßen schon Leute mit dem gleichen Ziel. Ich breitete mich auch einfach aus. Das ist in China eh das Beste. Ellenbogen notgedrungen etwas raus und fertig. Im Zug dann die Winzigkeit einer Liege, mittlere Lage, oben und unten schnarchende Chinesen, eins weiter ein Baby, dazwischen werden Instantnudelsuppen gemacht, aufm Laptop DVDs geguckt und natürlich abrupt abgestoppt, wenn man sieht, dass sich eine blonde Frau im Zug befindet. Dass keine Kamera gezückt wurde, lag wohl am fehlenden Licht, das die unglaublich unhöfliche kreischende Zugbegleiterin schwuppdiwupp abstellte. Am Rauchen hindert das aber keinen, zum Glück aber nicht direkt im Abteil, was übrigens offen ist, also ohne jeglichen Vorhang. Auch daran gewöhnt man sich.

Nach gut 13 oder 14 Stunden kam wahres Heimatgefühl auf. Die Bahn blieb stehen. Kurz vorm Ziel. Einfach so. Null Ansage. Hätt ich zwar nicht verstanden, aber egal. 45min lang niente, nur Hitze... nun ja. Letztlich ging es weiter und ich bin in der Stadt der Terracottakrieger angekommen, Xian. Und treffe direkt einen Finnen aus dem Pekinger Guesthouse wieder, der immer so guckt und redet, als würde er gleich Amok laufen. Doch er entpuppte sich als netter! So kam es, dass wir uns auf der Stadtmauer, die vollkommen erhalten ist, Räder mieteten und in den Sonnenuntergang auf der Mauer radelten, neben uns die roten Laternen, immer wieder heraufschallenender Straßenlärm oder Popmusik, zu denen ganze Massen tanzen. Wie in Peking morgens halb sieben.








Wir essen im muslimischen Viertel Dinge, auf die wir nur zeigen und nicht wissen, was es ist, scharf isses allemal. Lernen Bennoit kennen, einen Kanadier der mir am nächsten Tag den Nerv rauben wird. Wir wollen zur Terracotta-Armee. Mit dem Bus. Bennoit sieht aus wie ein Seebär und verhält sich auch leider so. Auch wenn er's charmant meint, aber nachdem morgens im Bus zum 5. Mal sein Patschehändchen auf meinem eh schon glitschig geschwitzten Arm landet, werde ich ungehalten, zumal ich kein Frühstück hatte. Und dann noch die feuchte Aussprache. Und ebenfalls Gemotze....

Endlich bei den Kriegern angekommen, ist es überwältigend, auch wenn sie in einer großen Halle stehen. Die Sonne morgens wirft ein traumhaftes Licht, die Gesichter alle unterschiedlich, Wahnsinn. Ein Heer baut sich vor einem auf, man kann das Marschieren förmlich hören. Oder kommt es doch von den heraneilenden Chinesen? Mag sein. Auf einmal ist alles voll. China eben... :-) Eine Nikon- und Canon-Armee. Mit hochgeschobenen Shirts, selbstverständlich. Is doch heiß. Einmal dezent neben den Krieger gerotzt, macht doch jeder...






Am Abend liege ich wieder im Zug, es geht nach Xining, was bereits auf 2200m liegt und mich nur kurz sehen wird, ich werde nur meine Reisebegleuiter treffen und die Permits und Tickets abholen und dann noch eine nacht im Zug verbringen. In der ersten Nahct liege ichUnten, schoen beqeum, spreche mit einer Chinesin, die Mutter und Vater sind angetan, schenken mir Mondkuchen, der zum aktuellen Mondfest gehoert, ein sehr suesses Kuechlein mit Marzipan oder so drin. Und dann steht sie wieder da, die Zugbgleiterin, der es scheissegal ist, ob ich sie verstehe, der Tonfall tut es wahsrcheinlich eh. Ich werde ins oberste Bett vertieben, wo ich einen halben Meter, wenn ueberhaupt, nach oben Platz habe. Ich haette nur so ein Ticket. Widerrede zwecklos. Zum ersten Mal fuehle ich mich fremd, sehr fremd und hatette am liebsten meine deutsche Schokolade wieder, die ich im Gegenzug zum Mondkuchen verschenkt hab...


In Xining selbst kaempfe ich mit chinesischen Geldautomaten, bevor es endlich nachmittag ist, meine Beglieter Nils und Yvonne kommen, der Reisebueromensch und wir abends endlich aufbrechen... mit der Tibetbahn. So aehnlich muessen Grebnzkontrollen in West- und Ostberlin gewesen sein. Ein Horror. Zumal Nils Zweitname falsch geschrieben ist auf dem Permit...puh....;die kreischende Zugbegleiterin merkt es nicht, schubst uns in den Zug. Und wir sehen nach unserem Reisebueromenschen den 2. huebschen Chinesen, ein gut gebauter Zugbegleiter, ca 1,80m, mit Dreitagebart. Yvonne grinst. Ich auch.


der rechte is der Huebsche ;-)

Blick ausm Fenster, wenn's mal nicht regnet


Waer da nur nicht die Klimaanlage. Die Luft kriecht mir in den Hals. Und hat mich bis heute im Griff, ich huste. Gar nicht sos choen. Doch waehrend der Fahrt egal. Nach einer Nacht sind wir auf dem Plateau, immer ueber 4000m, die Wasserflasche droht zu platzen, die Chipstueten sind aufgeblaeht. Pinkeln im Hocken faellt schwer, im Klo gibt es wohl gar keinen Extrasauerstoff. Aber ich muss oft dahin. Ich habe schliesslich brav um die 4-5 Liter getrunken in den 24 Stunden Fahrt. Und schwanke in Lhasa dennoch etwas.

Denn wir sehen keinen Guide. NIemand der uns abholt, nur schwerbewaffnete Soldaten. Und Regen. Und 3.700m bei Nacht. Insgesamt vielleicht 19kg Gepaeck. Nicht lustig. Nach elend langer Warterei kommt unser Guide Tashi angeschossen, beguckt von den Soldaten. Guides duerfen nicht so einfach aufs Bahnhofsgelaende... aha. Die Schikanen koennen beginnen...

So, ich bin nun schon ein paar Tage hier und ahbe diverse Atemprobleme und Herzklopfen hinter mir, und noch viel vor mir. Es wird nicht einfach, weiter zu schreiben, ich lasse den Bliog von Deutschland aus pflegen, weil ich hier keinen Zugriff habe, die Regierung sperrt viele Seiten... Nun denn. Ich hoffe, spaetestens am 8. oder 9. Oktober in Kathmandu Fotos einfuegen zu koennen.... Bis dahin, haltet die Ohren steif und versucht, auch mal so herzlich zu laecheln wie die Tibeter. Von innen heraus, uebers ganze Gesicht. Trotz Scharfschuetzen in Eurer Stadt auf den Daechern...

2 Kommentare:

  1. Sehr Interessant, weiter so.

    Gruß Olli

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  2. Liebe Sylvia,
    alles Gute auf dem heiligen Plateau! Bei mir ist es jetzt fast ein Jahr her, dass ich da war und kann es immer noch nicht glauben!
    Viel Spaß und alles Gute!
    Vanessa xxx

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