Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Dienstag, 7. September 2010

Viermal werde ich noch wach...

Es hat etwas von diesem Kinderweihnachtslied... so und so viel Mal werde ich noch wach, heißa, dann ist - nein nicht Weihnachtstag, dann ist (Ab)Reisetag. Und wie den kleinen Kindern vor Weihnachten ergeht es mir - Vorfreude wechselt sich ab mit Bangen, Panik mit mir-alles-egal-Gelassenheit, meist in Wellen. Laufe ich eben noch ausgelassen in hohem Tempo am Neusser Nordkanal entlang, werden mir im nächsten Moment die Beine schwer, weil der Kopf schon vor dem chinesischen Zollbeamten kapituliert und die ganze Packliste vergessen hat. Und der darauf folgende Kloß im Hals hat sich schon gut eingenistet.

Doch zum Glück verschwindet der Kloß immer wieder, wenn ich darüber referiere, warum ich gehe. Das muss ich in den letzten Tagen ziemlich oft. Die Antwort ist aber einfach. Weil es ein Lebenstraum ist. Weil andere Menschen, Kulturen, Landschaften mich interessieren, ich wissen will, wie das Leben anderswo auf der Erde läuft, weil ich es wichtig finde, diese anderen Blickwinkel - wenn auch nur kurz - einmal selbst einzunehmen und mit meinen eigenen Meinungen und Erfahrungen abgleichen möchte. Und somit auch hoffe, selbst ein bisschen toleranter zu werden. Einmal raus aus dem Trott. Allein. Und damit folgt natürlich unvermeidlich die Selbstfindung, das hehre Wort muss auch hier fallen.

Ich habe es schon einmal kurz in diesem Jahr erlebt, auf Korsika. Allein auf Bergpfaden kann ganz schön anstrengend sein. Nicht nur, weil es ständig hoch geht, die Wegmarkierung fehlt und an der Nase schon Salzkristalle kleben. Sondern weil man mit sich allein klar kommen muss, der Kopf anfangs noch so voll ist von all dem Alltag, den Sorgen, den eigenen Fehlern, Unsicherheiten, nicht getroffenen Entscheidungen...all das, was man vorher mehr oder minder erfolgreich verdrängt hat, kommt oft zurück. Und dieses Gewicht zieht förmlich wieder talwärts. Zumal ja keiner da ist, dem man übellaunig die Schuld für alles geben kann. Obwohl, lassen Yaks sich nicht notfalls auch beschimpfen? Meine zwei Gefährten? Marco, der in Nepal den Berg hochkeucht? Nein, lieber nicht. Die einen haben Hörner, die anderen vielleicht noch Schokolade und der nächste meine Sachen für Thailand ;-)

Abgesehen von einem Treffen mit einem Yeti wird also das Treffen mit mir selbst irgendwo in Tibet wohl das prägendste, erschreckendste, anstrengendste. Und dann die Kulisse drumherum. Fels, Schnee, Staub, unendliche Weiten umrandet von hohen Bergen, dünne Luft... Da kommt glatt der Kloß wieder zurück.

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