Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Montag, 26. Mai 2014

Federbällchen süß-sauer ;-)

Der Wettergott hat uns verlassen. Auch an diesem Morgen hängen dicke graue Wolken so tief an den Berghängen, dass man mit ihnen kuscheln könnte. Der Heliflug rückt weiter in die Ferne, wir  verschieben wieder um einen Tag. So wird das nix. Also schnüren wir wieder die Wanderschuhe und reihen uns ein in den Gänsemarsch der Touristen, hin zum Fox Gletscher. Hier ist noch mehr los als am Franjo, denn hier ziehen zahllose Bergschulgruppen los, um auf den Füßen des Eisriesen rumzutrampeln und mit Eispickeln und Steigeisen auf ihn einzupieksen. Ein bisschen viel Theater, finden wir. Mag sein, dass die kleineren Führungen über den Gletscher und teils auch in ihn hinein wirklich aufregend sind, aber wenn wir diese Menschen sehen, die schon in normalen Schuhen über jeden dritten Stein stolpern und nach fünf Minuten so durchgeschwitzt sind vom Laufen wie nach einem Marathon, dann sind wir froh, nur ganz normal bis zum Aussichtspunkt zu wandern bzw. zu spazieren. Oskar erkrabbelt sich sogar manchen Meter und grabscht begeistert nach den vielen runden Steinen. So könnte man die lahmen Bergschüler vielleicht antreiben... aber lassen wir das ;-)



Vom Fox Gletscher sieht man deutlich mehr. Wir beobachten einen Bergführer und seinen Schüler, wie sie sich vorantasten auf dem Eis, zwischen meterhohen Seracs hindurch. Der Gletscher schimmert in der Tat bläulich, ist aber generell auch sehr grau und verdreckt vom Schutt, der die Hänge hinabpurzelt. Vom Himmel tropft es derweil mal wieder. So ist der Rückweg schnell erledigt und die Einkehr in eine urige Kneipe in Fox besiegelt. Und hier, am Ende der Welt, hören wir doch nicht etwa ein fragendes "Haimon?" aus der Ecke, die wir zielstrebig ansteuern, weil Plätze frei sind. Ein Kommilitone. Unglaublich. So weit weg. Die Welt ist ein Dorf!




Nach dem Essen sieht die Welt noch grauer aus. Und wieder rettet uns ein Flyer das Programm. Ich hatte seit unserer Ankunft immer wieder dieses flauschige Etwas gesehen, das uns mit kleinen Knopfaugen bettelnd von Plakaten und Flyern anschaute, so als wolle es sagen: Besuch mich! Also folgten wir der Stimme zurück nach Franz Josef ins West Coast Wildlife Center, die geschützte Heimat von jungen Kiwis, die in freier Wildbahn eher dem Possum zum Opfer fallen, als dass sie ihren ersten Geburtstag erleben. Nur 5 Prozent der hier heimischen, freilebenden Rowi-Kiwis, die kleinsten der flugunfähigen Vögel, schaffen es, erwachsen zu werden. Mitarbeiter des Center klauben nun die Eier auf, die Jungen schlüpfen geschützt und wachsen erstmal ohne Feinde auf, bis sie groß genug sind, um sich draußen durchzusetzen. Klappt wohl ganz gut!

Wer kann diesen Augen widerstehen?! Foto: west coast wildlife center
Nachdem wir auf der Nordinsel im Trounson Forest ganz nah neben zwei Kiwis standen, sie aber aufgrund der Dunkelheit nur gehört haben, wollte ich hier die possierlichen Tierchen endlich sehen. Im Nachthaus soll es vier geben, also rein, Oskar in der Manduca sieht auch schon sehr müde aus. Falsch. Er ist plötzlich sehr sehr wach und sehr sehr böse über die plötzliche Dunkelheit, das Geraschel am Boden.  Und tut dies kund, lautstark, ihm doch egal, dass Schilder immer wieder mahnen, sehr leise zu sein, da die Kiwis sich sonst aufregen. Und das tun sie auch gleich. Einer der Federbällchen kommt angeschossen wie eine Kanonenkugel und zetert fürchterlich, was Oskar veranlässt, zurückzukeifen, was wiederum den Kiwi anspornte, noch mehr sein Revier zu verteidigen. Rückzug, und zwar schnell. Zum Glück galt unser Eintritt für den ganzen Tag, wir durften raus und rein, so oft wir wollten... und mussten erstmal einen Zwangsspaziergang einlegen, um den wildgewordenen Kiwi und einen ebenso aufgeregten Oskar zu beruhigen...

Wir haben es dann noch geschafft. Oskar hängt friedlich schlummernd in der Manduca und wir verzückt über der Absperrung des Kiwi-Geheges. Was sind die süß! Keine Spur mehr sauer, sondern nur noch niedlich, wie sie mit ihren langen Schnäbeln im Laub wühlen. Unbedingt empfehlenswert! Auch der Rest des Centers, in dem man viel erfährt über Gletscher, die Gegend, die Berge. Wieder mal ein rund um gelungenes Museum mit sehr hohem Unterhaltungswert, wenn auch manchmal unfreiwillig ;-)

Als wir aus dem Museum kommen, staunen wir nicht schlecht. Es hat aufgehört zu regnen! Als wir Richtung Fox fahren, trauen wir unseren Augen nicht. Die Sonne kommt raus! Also auf zum Gillespies Beach. Die Anfahrt ist zwar kurvig, aber nicht wirklich wild. Der kostenlose Platz ist zwar auch nur ein kleiner, schon sehr gut gefüllter Parkplatz mit Plumpsklo und Wasserstelle, aber die Lage! Vor uns, nur hinter einer kleinen Düne versteckt, rauscht das Meer. Hinter uns tauchen plötzlich Berge auf, schneebedeckte Gipfel, mit dem Mount Cook und dem Mount Tasman die zwei höchsten Neuseelands. Erst sind es nur kurze Augenblicke, dann weichen die Wolken immer mehr. Wir müssen im Paradies sein! Nach dem Abendessen laufen wir nochmal allein zum Strand, wo sich schon eine kleine Menschenschar eingefunden hat, um den Sonnenuntergang zu sehen. Wir kuscheln uns aneinander, der starke Wind ist kalt, doch das Panorama einzigartig. Und die Hoffnung groß, dass wir morgen doch noch abheben können...



Mount Cook


Mount Tasman im letzten Sonnenlicht

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen