Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Dienstag, 18. November 2014

Abschied Teil II

Aufräumen. Das wird notgedrungen das Stichwort des Tages. Wir stehen immer noch am Meer in Kaikoura, doch ewig wird das nicht mehr so weitergehen. Nachmittags gegen 15 Uhr hatte ich der Campervermietung in Christchurch unseren Camper, unsere kleine Heimat für sieben Wochen, wieder zurück versprochen. Also aufräumen. Ehrlich, so schwer was das gar nicht, wir hatten mit der Zeit ja unsere ganz eigene Ordnung, unser System. Das viel Schlimmere war: innerlich aufräumen, umschalten. Wir schauen hoch auf die Berge. Sehen Wege, kleine, holprige Fahrstraßen. Jetzt losfahren, einfach mal gucken, wohin der Pfad uns führt, schießt es uns fast zeitgleich durch den Kopf, sprechen wir es aus. Wir sind noch nicht bereit, innerlich aufzuräumen. Die Neuseelandsehnsucht hat sich viel zu festgebissen. "Viel zu kurz, die Zeit, viel zu kurz!", jammern wir. Obwohl wir doch so viel gesehen haben. Aber direkt wieder losfahren würden, nochmal dorthin, wo wir waren, alles nochmal in Ruhe anschauen, weiteres Neuland entdecken. Oskar lamentiert auch. Er will sich partout nicht vom Spielplatz trennen. Aber wir müssen los...

Wir sagen den Robben auf den Felsen innerlich Tschüss, sehen Schwimmer, die um sie herum paddeln. Oskar tritt zwischendurch immer wieder den Gang raus. Daran merken wir, wie viel Zeit vergangen ist seit unserem Start in Auckland. Da war er noch so klein, dass er grad mal mit der Zehe am Schaltknüppel gekitzelt hat. Weingüter liegen links und rechts der Straße. Müssen wir mal hin, irgendwann. Wenn wir mal wiederkommen. Wann auch immer. Viel zu schnell sind wir in Christchurch, kein Stau hält uns auf. Wir haben uns für zwei Nächte am Stadtrand bei einem Pärchen einquartiert, dass in seinem Haus Gästezimmer vermietet. Noch einmal bei echten Kiwis wohnen. Airport-Transfer inklusive, da mussten wir zuschlagen. Tatsächlich ist der Flughafen und damit auch die Happy-Camper-Station nicht weit, wir fahren quasi dran vorbei. Ein letztes Mal einkaufen.

Wir kommen am Haus von Vermieterin Judith an. Macht einen netten Eindruck, aber keiner öffnet. Ich werde leicht hektisch. Wir räumen unseren Camper leer, stellen alles in der Garage ab, entdecken noch abzuwaschendes Geschirr, Schmutz hier und da, die Uhr tickt und tickt. Und Oskar macht natürlich in dem Moment nochmal kräftig in die Hose. So sehr, dass er neue Sachen braucht. Die liegen natürlich irgendwo ganz unten. Konnte ja keine ahnen, dass er ausgerechnet heute zweimal sein großes Geschäft verrichtet, das die Windel und die Mutter überfordert. Denn tanken müssen wir ja auch noch! Wo war nochmal die Tankstelle? Der Zeiger der Uhr nähert sich beunruhigend schnell der 15-Uhr-Marke. Und natürlich sind jetzt alle Ampeln rot. Und natürlich verkippt das Kind vorn auch noch sein Wasser. Der alltägliche Wahnsinn.

Etwas derangiert kommen wir drei an. Haimon parkt betont emotionslos ein. Fertsch. Das macht mich gleich nochmal wahnsinnig. Wie kann man nur nicht melancholisch werden! Doch gemach, das ist er schon auch. Zumindest schaut er in den nächsten zwei Tagen recht häufig auf Straße und Camper, ob "unserer" dabei ist... Der Happy-Camper-Mann geht schnell unseren Wagen durch, hakt Listen ab, hört sich die gar nicht mehr so wehleidig klingenden Klagen ob der undichten Fenster und tropfenden Lüftung an und bietet uns dann an, uns zurück zur Wohnung zu fahren. Und es ist so komisch, wieder in einem Pkw zu sitzen. Schrecklich!

Im Garten unserer Vermieter machen wir es uns kurz bequem, bis uns der Sohn des Hauses entdeckt. Er war wohl die ganze Zeit da, hatte nur dank Kopfhörer nichts gehört. Soso. Wir beziehen unser schönes Zimmer und atmen durch. Da war doch noch was! Wir schauen uns an, schauen Oskar an. Hatten wir heute eigentlich schon...  doch, klar, aber nur kurz, viel zu kurz. Alles Gute, kleiner Mann. Ein Jahr hält er uns nun schon auf Trab. Wir spazieren mit ihm noch durch die ruhige Nachbarschaft, entdecken Spielplätze. Lernen unsere Vermieter kennen. Und wieder ein englisches, älteres Pärchen. Auch Urlauber, die sich bei Judith einquartiert haben. Wie schön. Noch lange sitzen wir abends zusammen, reden übers Reisen, Abschiede von Ländern und neue Abenteuer. Und über die Erdbeben, die in Neuseeland leider dazugehören. Christchurch hatte es 2011 arg erwischt. Man sieht es heute noch, ein bisschen wie Krieg, meint unser Engländer. Das werden wir uns morgen anschauen. Jetzt verschwinden wir erstmal im Bett. Einem richtigen Bett. Ohne einen surrenden Kühlschrank daneben. Ohne eine kleine Walze, die sich ankuschelt. Die liegt nämlich unten am Bettrand auf ihrer Matratze. Irgendwie seltsam...

Geburtstagskind!!!

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