Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Giganten

Das Meer liegt beinahe still vor uns. Gespannt schauen wir auf die Oberfläche, suchen sie ab nach Unregelmäßigkeiten. Das Boot ist schon langsamer geworden. In der Nähe schaukelt ein Albatross über die kleinen Wellen, die ein leichter Wind nur ab und an in den Ozean vor Kaikoura haucht. Zum Glück, denn normalerweise bläst es hier kräftiger. So aber haben wir alle Zeit der Welt in Ruhe zu schauen und sie zu entdecken: die Fontäne des Wals! Schon halten alle drauf mit ihren Kameras, man weiß ja nie, ob der Gigant mehr von sich preis gibt. Wir fahren näher ran, und wir sind verzückt. Immer und immer wieder pustet der Pottwal vor uns Wasser und Luft hinauf in den Himmel. Unser Guide kommentiert alles eifrig, er kennt den Wal beim Namen, ich vergesse ihn glatt vor Aufregung und drück auch noch ganz zufällig dann auf den Video-Auslöser meiner Kamera, als sich der Pottwal anschickt, in die Tiefen des Meeresgrabens vor uns abzutauchen, der ihn so reichlich mit feiner Nahrung im kalten, frischen Wasser versorgt. Die wunderschöne Fluke scheint fast in die Kamera zu winken, im Hintergrund die Berge. Oh man. Was für ein Glück...





Nur direkt teilen kann ich dieses Glück nicht recht. Haimon ist im Camper geblieben, einer muss ja auf Oskar aufpassen. Der darf nicht mit aufs Boot dieses Mal, schade. Immerhin kann ich mich aber einmal voll und ganz auf das Schauspiel vor mir konzentrieren, statt doch immer mit einem Auge zu schielen, was der Kleine grad wieder ausheckt. Ist auch mal nett! Noch ganz berauscht vom Wal geht es weiter. Und diesmal entdecke ich sie sogar als einer der ersten: Delfine! Und zwar richtig viele. Sie sind grad auf Reisen, erklärt uns der Guide, sie ziehen ein Stück mit uns mit, spielen etwas, hüpfen ein bisschen über die Wellen, die mittlerweile etwas größer geworden sind. Es sieht so wunderbar elegant aus, wie sie das Wasser durchpflügen. Ich hatte mich bewusst gegen einen neuerlichen Versuch, mit ihnen zu schwimmen, entschieden. Ich wollte sie lieber in Ruhe nochmal sehen als das Risiko einzugehen, sie wieder zu verscheuchen. Das nächste Mal vielleicht...




Kaum, dass die Delfine weg sind, entdecken wir den nächsten Wal. Wieder ein Pottwal, wieder ein alter Bekannter für den Guide. Woran genau er das so erkennt, bleibt wohl sein Geheimnis, er meint, die Fluke sähe anders aus. Ich meine, alles gleich. Gleich beeindruckend! Über uns fliegen Kleinflugzeuge hinweg, die "Wings over whales". Tolle Perspektive auf den Koloss, aber trotzdem bisschen weit weg. Wir sind näher dran und genießen. Als uns noch ein Wal vor die Linse kommt, glauben wir unser Glück kaum. Drei Stück! Aber - der letzte Besucher soll der vom ersten Mal gewesen sein. Ach, Wurscht! Mit einem seeligen Grinsen fahren wir alle zurück in den Hafen, taumeln in den Bus zurück ins Büro. Dort treffe ich das französische Pärchen wieder, Matteo freut sich schon auf Oskar, der wenig später mit Haimon auftaucht. Nun ist der Papa dran mit Wale gucken. Die Jungs machen ihre Späßchen, bevor ich Oskar in den Wagen setze und ein bisschen Mittagsschlafspaziergang mache...

Das Schöne an Kaikoura ist, dass man gar nicht teuer bezahlen muss, um Delfine zu sehen. Wenn man mal genau guckt zumindest. Es tummeln sich nämlich nicht nur Massen Seehunde in Ufernähe, sondern eben auch Familie Flipper. Oder Kindergarten Flipper. Ich traue meinen Augen kaum, als ich über den steinigen Strand blicke. Fünf, sechs Delfine machen im Wasser ihre Salti, jagen davon, kommen wieder, springen im hohen Bogen über die Brandung. Immer mehr Menschen bleiben stehen und grinsen seelig. Kennt man sonst nur von weichen Drogen, solche Gesichter ;-)

Haimon kommt auch mit einem Grinsen zurück, eher schon triumphierend. Denn seine Delfin-Story toppt alles. 200 sollen es gewesen sein, gerade auf der Jagd. Genau dann springen sie nämlich die wildesten Figuren, lassen sich mit dem Rücken zuerst ins Wasser plumpsen, um Fische aufzuscheuchen. Da waren die Wale, die auch er gesehen hat, fast schon nebensächlich bei so viel Action.






Wir freuen uns ein Loch in den Bauch und fahren unseren Camper ein paar Meter weiter. Denn kurz vor dem teuren Top Ten Park ist ein weiterer, kleinerer Platz, laut den Franzosen recht hübsch. Finden wir auch, so unter hohen Bäumen stehend auf einer Wiese. Und das zum fast halben Preis! Schräg gegenüber stehen Maoris auf Urlaub. Der stämmige, gut tätowierte Kerl entpuppt sich als äußerst liebenswert, und mittlerweile verstehe ich sogar seinen unglaublichen Singsang ganz gut. Und weil Oskar so niedlich ist, bekommt er eine Paua geschenkt, eine große, silbern-bunt glitzernde Muschel. Die stinkt zwar immer noch erbärmlich nach Fisch, hat aber gut geschmeckt (wir durften natürlich probieren) und glitzern ist immer gut, findet Oskar!


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