Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Freitag, 21. Februar 2014

11.11. - Abreise statt Karneval

Und plötzlich ist er da, der Abreisetag. Die Rucksäcke stehen bereit, jeder schleppt seine Kraxe und seinen Handgepäckrucksack, auch Oskar darf 10kg Gepäck aufgeben. Darin verpackt: Pampers, warme Sachen, dünne Sachen, viel zu viel, wie wir später feststellen. Lätzchen hatte er fast nie um und in manche Sachen hat die kleine Fliege auch nach zwei Monaten noch nicht reingepasst. Aber besser man hat, als man hätte. Oder eher nicht, zumindest, was Haimon betrifft. Denn der hat am Morgen des 11. November nun tatsächlich Bauchschmerzen. Was Schlechtes gegessen? Oder doch nur Aufregung? Zum Überlegen bleibt nicht viel Zeit. Der Taxifahrer steht tatsächlich eine Viertelstunde früher als bestellt vor der Tür. Also Hals über Kopf Oskar in den Maxi Cosi hieven, beten, dass alles Gepäck inkl. Buggy in den Kombi passt, alle losen Sachen zusammenklauben, der Schwiegermutter Tschüß sagen, hastig nach Pässen und Geld in der Tasche tasten und zack, Autotür zu. Oskar fällt sofort in den Entspannungsmodus. Erstmal ne Runde schlafen. Selbst das kühl-nasse Wetter am Hauptbahnhof macht ihm nix. Ossi ratzt. 


Die parat stehenden Großeltern sind verzückt – und besorgt. Der arme Kleine. So ne weite Reise. Also, dass wir das machen, nee… schnell bekommen wir noch sechs Wiener Würstchen und Brötchen in die Hand gedrückt. Iss, mein Kind, stärkt die Nerven. Meine schwächt das grade eher. Pünktlich mit der Einfahrt des Zuges wacht Oskar auf. Tschüß, Oma und Opa. Die Türen schließen sich, Dresdens Altstadt verschwindet. Doch von Entspannung keine Spur. Denn im winzigen Kleinkindabteil ist es voll. Eine andere Mutter sitzt auf unseren Plätzen. Fortjagen will ich sie nicht, aber so ganz zufrieden bin ich nicht. Oskar kümmert‘s nicht, er wirft schon die Spielzeugfiguren des älteren Mädchens durch die Gegend und freut sich über den Krach. Erst ab Leipzig haben wir das Abteil für uns. Haimon schläft recht schnell weg. Muss ja sein Bauchweh auskurieren. Oskar erkundet krabbelnd und brabbelnd den halben Zug und sorgt für kurze Schreckmomente bei den Passagieren der ersten Klasse. Oh-mein-Gott,-ein-lautes-Baby!!! Und es sabbert!!! Nein, nein, wir gucken nur. Aufatmen. Glück gehabt.

Frankfurt Flughafen


Das Abschiedskomitee ist da. Meine liebe Freundin und ehemalige Kollegin und ihr Freund. Haben wie meine Eltern auch an unser leibliches Wohl gedacht und uns was zu Essen mitgebracht. Ohrenstöpsel wären auch gut gewesen, denn wir geraten mitten in die Demo gegen Fluglärm. Den Lärm produzieren aber die Demonstranten grad eher selbst. Und sprengen unser Grüppchen, minutenlang wissen meine Freundin und ich nicht, wo unsere Jungs abgeblieben sind. Ist aber auch alles unübersichtlich hier. Schnell einchecken. Immerhin bekommen wir doch nebeneinander liegende Sitzplätze, übers Internet konnte ich den Platz neben dem Babykörbchen nicht reservieren. Im schlimmsten Fall hätte Haimon also woanders sitzen müssen.


Doch in Frankfurt klappt alles: Es geht schnell durch den Sicherheitscheck, die Beamten sind unheimlich freundlich, dass einem schon fast unheimlich werden kann. Und Oskar ist wach, ebenfalls unheimlich. Mich beschleichen Zweifel. Wird der Zwerg schlafen? Elf, fast zwölf Stunden im Flieger. Er hockt immer noch glücklich in seinem Pyjama im Buggy, halb zehn abends, quietscht und flirtet mit den anderen Wartenden am Gate. Wir werden als erstes in den Flieger gebeten, wunderschöne Singapore-Airlines-Stewardessen stehen bereit. Oskar grinst, der Vater auch. Kann losgehen. Singapur, wir kommen!

Flug Nummer eins


Die Crew ist wahnsinnig nett. Oskar bekommt vom zuckersüßen Steward mehrmals Spielzeug. Und zwei der Ausrufe zu hören, die ihn in den kommenden zwei Monaten immer begleiten werden: Sooooo cute! And such beautiful blue eyes! Irgendwann fallen dem Würmchen aber diese wunderscchönen blauen Äuglein zu und wir verfrachten ihn ins Körbchen, was vor uns an der Wand angebracht wird. Praktisch, denn es gibt essen, erst für den einen, dann für den anderen von uns, so hat immer einer eine Hand frei, falls Oskar doch wieder aufwachen sollte. Das tut er dann auch, aber nicht ganz freiwillig. Das Anschnallzeichen leuchtet. Das bedeutet: Oskar raus ausm Schlafsack, raus ausm Körbchen, auf meinen Schoß, anschnallen. Davon wird selbst das größte Murmeltier wach. Oskar tut seinen Unwillen lautstark kund. Mist, ich spüre schon die Blicke aller Passagiere. Und schiele auf die Uhr. Neun Stunden noch, mindestens. Zum Glück schläft Oskar schnell wieder ein. Und von Turbulenzen ist nichts zu spüren, Anschnallzeichen aus. Kind ins Körbchen. Ausstrecken, wegnicken. Bing! Anschnallzeichen an. Kind raus ausm Schlafsack, raus ausm Körbchen. Geschrei. Tätscheltätschel, schielende Blicke zu den Nachbarn. Ruhe. Turbulenzen? Null. Anschnallzeichen aus. So ging das noch mehrmals in jener Nacht. Allerdings ohne Oskars Mitwirkung. Denn den habe ich dann auf meinem Schoß gelassen, angeschnallt. Hat schön geschlummert. Papa auch. Ich nicht. Aber wenigstens war Ruhe.


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