Der Campingplatz hat irgendetwas von einem Hippie-Festival.
All die frei laufenden Hunde, die vielen Kinder, die Menschen in weiten
Klamotten, die ganzen alten Wohnwagen, Zelte, das hohe, teils breitgelatschte
Gras. Wir wollen die Catlins noch weiter erkunden heute, doch nochmal hier
übernachten wollen wir nicht. Es war zwar schön, aber vielleicht winkt irgendwo
ja noch was besseres, zumal die Wetterprognose mal wieder recht wacklig ist.
Wir lassen uns aber Zeit, spazieren noch ein bisschen herum und stellen
erstaunt fest, dass Oskar recht früh am Vormittag ein Schläfchen einlegt und
wir sage und schreibe eine Stunde Ruhe haben. Komisch, was soll man plötzlich
mit all der freien Zeit anfangen?!
Ganz klar, ich wühle sofort im Reiseführer und suche die
nächsten Stops raus. Seelöwen wollen wir ja nun endlich mal sehen. Angeblich
räkeln die sich ja hier an den Sandstränden. Im Unterschied zu den kleineren
Robben, die mögen’s ja eher felsig. Also auf zur Surat Bay. Uns kommen ein paar
Wanderer an den Dünen entgegen, die meinen, nichts gesehen zu haben. Hm, weiter
gegen den Wind kämpfen oder umkehren? Wir spähen und spähen und tatsächlich,
wir entdecken ein paar Menschen weit entfernt, die stehen bleiben und gucken.
Ich hole das Tele meiner Kamera raus, mach ein Foto und wirklich, es sieht so
aus, als hätten wir Glück. Vielleicht einen Kilometer vor uns liegen Seelöwen
im Sand! Oskar kümmert es gerade recht wenig. Er schläft nämlich mal wieder in
der Manduca. Sonst wäre er vielleicht noch auf die Idee gekommen, den Seelöwen
an den Schnurrhaaren zu ziehen. Denn da liegen sie, faul und breit in der
Sonne, noch recht junge Tiere. Sie stört es nicht im Geringsten, dass Menschen
vorbeilaufen, stehen bleiben, Bilder machen. Nicht weit entfernt liegt Mama
Seelöwe, auch sie sehr relaxt. Schaufelt sich ab und an etwas Sand auf den
Buckel, gähnt, ändert bisschen die Lage, fertig, Augen zu. Wir sind entzückt. So
auf Tuchfühlung mit diesen Tieren… Und wir schweben förmlich wieder zurück
Richtung Camper…
Dann schaue ich aufs Meer. Und erschrecke fürchterlich. Zehn
Meter vor uns erhebt sich plötzlich ein massiger schwarzer Körper, den ich eben
noch durchs Wasser schießen sah – Papa Seelöwe will an Land. Er surft auf der
Welle gen Strand, bäumt sich auf, wittert. Ups. Hat er wohl seine Familie um
ein paar Meter verfehlt. Glücklicherweise interessieren wir ihn sowas von
überhaupt nicht. Er schwingt sich zurück ins Wasser und schwimmt sehr strandnah
an uns vorbei zu seinem Frauchen und Kindern. Wir grinsen leicht
schadenfroh-erleichtert, als wir andere Touristen entdecken, die gerade nichts
ahnend mit dem Rücken zum Wasser Fotos von den Seelöwen am Strand machen… Wenig
später hatten auch sie ihre Kamera eingepackt J
Wir kochen noch schnell ein bisschen verspätetes Mittag,
bevor wir bei schönstem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen zum
vielleicht nur 15 Kilometer entfernten Nugget Point aufbrechen. Hier liegen
Felsen wie ins Meer geworfene Steinbrocken vor der Küste, malerisch steht ein
Leuchtturm auf den Klippen. Doch was ist das? Der Himmel wird immer dunkler und
als wir aussteigen, bläst uns der eisige Wind fast um, der feuchte Nebel geht
fast in Nieselregen über, alles fühlt sich an wie eine Hochseeschifffahrt. Ui.
So schnell schlägt das Wetter hier um. Wir haben ja zum Glück immer unseren
ganzen Hausstaat dabei und schlüpfen schnell in unsere Jacken, während andere
Touristen frierend die Arme um die leicht bekleideten Oberkörper legen und
dadurch fast aus dem Gleichgewicht kommen, weil der Wind so stark ist. Nachdem
wir uns ein bisschen akklimatisiert haben, können wir aber auch diese Rauheit
genießen. Sie passt auch hierher, eigentlich sehen die verkrüppelten Sträucher
an den Steilhängen so aus, als seien sie die Peitschen des Windes gewohnt,
kreisen die Tölpel, Möwen, Scharben über ihren Brutplätzen, als wär nix. Algen und
Seetang umringen Felsen und sehen aus wie Frisuren. Und Oskar freut sich
irgendwie auch, kann sich zwar schwer auf den Beinen halten bei jeder Böe,
feiert sich aber selbst, wenn er nicht scheitert. Die Aussicht auf die Nuggets
ist grandios. Auf jeden Fall jede Mühe wert.
Auf dem Rückweg entdecken wir noch ein totes Kälbchen im
Meer, ist wohl stecken geblieben mit dem Fuß zwischen Felsen. Armes Tierchen.
Hat das Ausbüxen nichts gebracht… Weit kommen wir auch nicht mehr. Wir sehen in
der Campermate-App, dass es im lustig benannten Ort Kaka Point einen
Campingplatz gibt. Also praktisch um die Ecke. Nüscht wie hin! Wir haben Glück
und bekommen noch einen der letzten Plätze. Familiengeführt und irgendwie mit
dem Charme eines Kegelclub-Vereins – der tatsächlich auch hier kegelt! Nur
heute nicht. Und wir hatten noch gar keinen Kaffee! Also beschließen wir
fluggs, das Café unten im Ort aufzusuchen. Sah ja schick aus mit seiner großen
Glasfront und den rustikalen Holzbalken. Als wir reinkommen, bleibt uns kurz
das Herz stehen. Kaffee? Hat jemand Kaffee gesagt?! Hier stehen viele Leute am
Tresen und KEINER trinkt Kaffee! Sondern richtige Humpen Bier! Wir gucken kurz
irritiert, schieben dann entschlossen den Buggy rein, verständigen uns fast
wortlos und brüllen zum Wirt „two beer, please“. Alle scheinen uns erleichtert
anzuschauen, um sich dann wieder ihren Gesprächen zu widmen. Bei uns dauert das
mit der Erleichterung bis zum zweiten Schluck auf fast nüchternen Magen.
Schön, dass Oskar solche Momente überhaupt noch nicht kennt
und sich bereits dem Billardtisch krabbelnd nähert und damit belustigte Blicke
auf sich zieht. Dem nicht genug, muss auch noch Haimon bierbeschwingt an der
Juke Box rumfummeln. Und schon gesellen sich die Einheimischen zu uns, oh Gott,
schon wieder Tuchfühlung, schnell noch ein paar Schluck Bier, denk ich, dann
versteh ich das Kiwi-Englisch besser und lalle genauso. Und es wird richtig
lustig, nachdem man sich gegenseitig mit ein paar Standardfragen abgeklopft
hat. Ich bekomme aufgrund ein paar frecher Kommentare sogar große Lacher und
mit einem derben Schulterklopfen die Auszeichnung „You could be a real Kiwi!“.
Yeah, wusste ich’s doch ;-)
Ich habe erst vor kurzem festgestellt (Weihnachten und so...), dass ihr gar nicht auf Reise seid, sondern dies im Nachhinein postet. :) Jedenfalls habe ich keine Kontakt Adresse gefunden und deswegen schreibe ich euch hier.
AntwortenLöschenWir werden im September auch losdüsen - Elternzeit. Der Wurm ist jetzt 13 Monate. Freue uns schon riesig.
Vielleicht könnt ihr uns tipps geben bzgl. packen, weil ihr irgendwo geschrieben habt, dass ihr viel zu viel mitgenommen habt für Oscar. Was wäre denn ausreichend gewesen? Wir sind ja eh in der Sommerzeit da, doch das Wetter kann in NZ immer umschlagen, deswegen werden wir für alle wahrscheinlich auch noch eine Jacke mitnehmen.
Wie viele Rucksäcke hattet ihr denn? Bei uns wird es ein großer und ein daypack sein und ich habe den Wurm in der Kraxe plus mini buggy :) Dementsprechend leicht sollten wir auch packen.
Gibt es etwas was ihr anders machen würdet?
Wir waren zwar schon mal in NZ aber alleine. Gibt es ganz "heiße" Tips für die Reise mit Kind? Ich denke Tagestrecks werden wir machen, Mehrtagestouren eher nicht. Tongariro haben wir das letzte mal gemacht, doch bin ich mir noch äusserst unsicher, ob das mit Kind auch machbar ist...
Ich freue mich auf eure Antwort
Marsela
www.weltreise.name