Fünf Uhr nachmittags in Singapur. Eine lange Schlange vor
der Passkontrolle. „Ei-daaaa!“ ertönt es immer wieder – Oskar in Hochstimmung. Er
krabbelt durch die blitzsaubere, großzügige und begrünte Halle, als wär‘s sein
Wohnzimmer. Fläzt wenig später wie gewohnt im Buggy, während Mutti sauer ist,
weil die Singapore-Airlines-Schnepfe am Schalter meint, ich hätte nur nen
Hotelvoucher gebucht und bekäme keine Extra-Eintritte dazu, weil ichs nunmal
nicht so gebucht hätte. Aber der Transfer in die Stadt, ja, der sei dabei und
käme dann, „gleich“. Wir warten fast ne halbe Stunde, in der ich einen Reisebürofreund
in Deutschland anrufe und rumzetere, weil ich mich um mein Geld gebracht sehe.
Dumm, dass ich Unrecht habe. Muss wohl nicht aufgepasst haben bei der Buchung.
Na gut. Endlich kommt unser Kleinbus, der uns bis ans Hotel bringen soll. Hm…
was is nur aus uns geworden, uns, den Abenteurern…lassen uns vor die Tür
kutschieren ;-)
Die Fahrt ins Zentrum zeigt vor allem eines: Viel Grün.
Bäume neigen sich über die Straßen, ja, es sind Alleen, neben denen sich
riesige Golfplätze erstrecken. Und wir erspähen das Marina Bay Sands, das
Luxushotel schlechthin mit seinem gigantischen Pool. Und spüren schon Vorfreude
auf unsere allerletzte Nacht unserer Reise. Auch wenn die noch weit weg ist…
Wir landen letztlich im Hotel Miramar am Fluss, ich vergess vor lauter
Aufregung meine Kreditkarten-Pin für einen Moment, während Oskar ungeniert mit
den asiatischen Schönheiten hinterm Tresen flirtet, die in kollektives Winke-Winke
und Gekicher verfallen, sobald er in ihre Richtung blinzelt. Und obwohl wir es
nicht bestellt haben, steht wenig später der Hotelboy an unserer Tür und
schiebt ein süß ausgestattetes Kinderbettchen ins Zimmer. Nett hier!
An Schlaf ist aber erstmal nicht zu denken. Wir wollen uns
auch gar nicht so sehr an die Zeitverschiebung anpassen, sondern lassen uns
eher treiben, hinaus in die schwülwarme Nacht, mit einem putzmunterem Oskar im
Buggy geht es an die Quays, auf eine erst ewig erscheinende Suche nach einem
Geldautomaten und dann nach einer Einkehrmöglichkeit, die auch dem angschlagenen/nervösen
Magen Haimons Rechnung trägt. Wir landen in einem Thai-Restaurant auf der Terrasse,
Oskar nippt begeistert an der scharfen Tom-Yam-Suppe, und auch Haimon scheint
sein Reis und das Curry zu schmecken. Und Bier geht auch wieder. Kann ja alles
nicht mehr so schlimm sein J
Gegen Mitternacht fallen auch wir ins Bett. Oskar mag seins aber nicht
wirklich, landet dann bei uns. Erholsam ist was anderes, aber geschlafen haben
wir alle irgendwann, irgendwie…
Blick aus unserem Zimmer ;-) |
Morgähn! |
Wenn es eines ist, was das Leben mit Kind bereichert, dann
sind es bei uns Oskars Unterhaltungskünste. Gut, man muss Publikum mögen bzw.
tolerieren, wenn der Kleine mit lautem „Ei-daaaaa! Da! Daaaaa“ den Frühstücksraum
rockt, mit dem Löffel aufn Tisch haut, sich über diesen zusätzlich produzierten
Lärm freut und kaum, dass er losgelassen, munter übern Boden krabbelt, zum
nächstbesten Tisch, um sich davor zu knien und wippend wieder laut „Ei-daaa!“ zu
krakeelen. Das Ganze wiederholt sich am Tag immer wieder. Im Stadtrundfahrtbus
steht mir nicht nur wegen der Hitze der Schweiß auf der Stirn, sondern auch,
weil Monsieur sich weit über die Reling lehnt, sich über den Fahrtwind freut –
und die Haare der Frau vor uns. Nein, das geht dann doch zu weit, nicht ziehen,
neiiiiiin!!!! …
Station Nummer eins: Der Singapore Flyer, mit 165m das
größte Riesenrad der Welt. In einer Glaskapsel wird man im Schneckentempo nach
oben transportiert, überblickt die Marina, das Bankenviertel, die Stadt. Ohne
Smog. Nur blauer Himmel. Wir scharwenzeln um das Marina Bay Sands herum, durch
die dazugehörige Shopping Mall, in der sich neben Edel-Boutiquen auch ein „Vom
Fass“-Laden befindet, lustig, den Namen hier, so weit entfernt von daheim, zu
lesen. Beeindruckt sind wir von den Wickelräumen. Leder-Optik auf Wickeltisch,
blitzsauber, Heiß-Wasser-Boiler, Still-Ecke, manche sogar noch mit Spiel-Ecke.
Schick!
Die Bushaltestellen in Singapur haben übrigens keine Namen –
sie haben einen Code. Bis wir das durchschauen, dauert es allerdings etwas.
Lustig jedoch, dass es in Neuseeland genauso funktioniert. Aber das wissen wir
zu dem Zeitpunkt ja noch nicht. Wir finden jedenfalls unsere Haltestelle und
fahren nach Little India. Und plötzlich ist Singapur anders. Bunter,
schmutziger, die Menschen dunkler, lauter. Ich drücke begeistert auf den
Auflöser meiner Kamera, Oskar mümmelt im Wagen seinen Mittagsschlaf,
faszinierend, wie schnell er sich scheinbar anpasst. Auch das Kokosnusswasser
schmeckt ihm. In einem kleinen Park verspeisen wir unter neugierigen Blicken
Bananen, spazieren an einem alten malayischen Friedhof entlang, dessen
Grabsteine wie Schachfiguren aussehen. Schließlich warten wir wieder auf den
Bus, Oskar erklimmt unterdessen ein paar Stufen, hangelt sich an einem Geländer
tapsig entlang und wird dabei fotografiert – von uns und anderen Wartenden, die
sich köstlich über das kleine Klettermäxchen amüsieren. Zurück im Hotel
planschen wir noch im Pool, geben Oskar sein Abendessen – und dann wird er
maunzig. Müde. Also ab ins Bett, oder halt, in den Buggy, denn wir müssen
nochmal raus ins mittlerweile nieselige Singapur, denn wir haben noch nix
gegessen.
Alles hätte gut sein können – das Kind schlief, wir fanden
in der nahe gelegenen Chinatown eine verschrobene Kneipe – die Stammgäste hier
guckten chinesische Soap Operas, hatten kaum noch Zähne und schienen nichts mit
der Glitzerwelt ein paar Straßen weiter zu tun zu haben. Doch auf der
Speisekarte standen die berühmten Chili-Krabben, laut Reiseführer ein Muss.
Also ordern wir so ein Viech, mit viel Soße aufm Teller, setzen unbeholfen den
Nussknacker an, es knackt, ich schmecke schon fast die köstlich süße Schärfe
und dann….rempelt der etwas unwirsche Wirt doch nicht etwa den Buggy an. Ein
Rumms, ein Schrei, Oskar wach. Und er blieb wach. Und so knatschig, wie man nur
sein kann, wenn man aus seinen schönsten Träumen gerissen wird. Er beäugte
Chinatown mit großen müden Augen, er beäugte das Hotelzimmer mit großen müden
Augen, und blieb – wach. Wenn er mal schlief, dann nur kurz. Immer wieder
schien ihn der Wirt anzurempeln, immer wieder knatschte er, auch bei Mama im
Bett. Irgendwann war mal Ruhe, irgendwann mal wieder nicht und irgendwann
guckte ich dann doch auf die Uhr. Und stand beinahe im Bett. Halb elf.
Vormittags. Am Aus-Check-Tag. Frühstück nur bis elf.
Scheißescheißescheißescheiße. Oskar beäugte meine Panik mit großen, müden
Augen. Haimon beäugte meine Panik mit zusammengekniffenen, müden Augen. Beide
sahen schlapp aus. Vor allem Oskar. Oh-mein-Gott-das-Kind-ist-krank-wir-haben-noch-nicht-gepackt-und-essen-müssen-wir-auch-noch!!!
Es gab definitiv schönere Momente auf der Reise. Auch wenn wir es fünf vor elf
noch ans Buffet schafften, die Bediensteten uns sogar noch was zusammenstellten
und Oskar nach ein paar kräftigen Schlucken Saft und ein paar Stückchen Melone
wieder zu einem lauten „Ei-daaaa!“ fähig war…
Die Chili-Krabbe |
Chinatown |
Immerhin, das Kind war also nicht krank, Glück gehabt. Also
ab in die Metro, wieder supersauber, superschnell, die Leute
superdiszipliniert. Ziel: Die Gardens by the Bay mit ihren künstlichen Bäumen,
den Super Trees. Wir flanieren durch diesen schönen Park, gönnen uns die
Aussicht von einem der „Bäume“. Künstlich, aber trotzdem schön. Ich
fotografiere begeistert einen Baum, der wuschlig rote Blüten hat – nicht wissend,
dass genau dieses Gewächs in Neuseeland heimisch ist und auch dort grade in
voller Blüte steht… Den Rückweg treten wir wieder über Chinatown an, kaufen
Oskar seine Wassermelone in einer Fressmeile, die an eine Tiefgarage erinnert,
ich will Haimon überzeugen, Durian zu probieren, diese streng riechende Frucht,
doch leider war unsere auch noch überreif und so eklig, dass auch ich kneifen musste.
Naaaaaaase!!! |
Wieder im Hotel hüpfen wir in den Pool und machen uns in speziell für späte
Abreisende bereit gestellten Räumen frisch. Was für Service. Der Hotelpage
schleppt Oskar durch die Gegend, der findet es gut und bandelt gleich noch mit
einem jungen Pärchen an, das uns gegenübersitzt. Lachend verabschieden wir uns,
der Abholservice ist da. Am Flughafen werden wir zu einem Extra-Schalter
gebeten, wo sich vier Leute um uns kümmern: Einer checkt uns ein und drei
himmeln Oskar an. An der Passkontrolle ist Oskar dann sogar mal kurz
verschwunden – die Grenzbeamten finden ihn „so cuuuuuute“, dass sie ihn einmal
Reih um reichen. Beim zehnten schreit er dann. Den elften grinst er wieder an,
aus sicherer Entfernung auf Mamas Arm…
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