Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's: Reise, reise! - Wilhelm Busch

Montag, 25. August 2014

Das Meer ruft!

Etwas wehmütig stehen wir heute morgen auf. Das letzte Mal schauen wir aus dem Camperfenster auf eine grüne Wiese, über Felder, in der Ferne ein paar Hügel. Wir haben das letzte Mal auf einem DOC-Platz geschlafen. Noch der weitere Nächte im Camper liegen vor uns, doch in Kaikoura, dem letzten Ziel auf unserer großen Fahrt, gibt es weit und breit keinen billigen Platz der Naturschutzbehörde. Nur einen teuren Top Ten und ein paar andere am Meer. Wir werden wohl oder übel für die erste Nach den Top Ten ansteuern – er liegt unschlagbar günstig nahe der Whale Watching Tour-Agentur. Und wenn man früh raus muss, um Wale ohne großen Wellengang zu sehen, sollte man sich wenigstens den Anmarsch angenehm gestalten. Außerdem darf Oskar nicht mit, wir müssen also getrennt nach Walen Ausschau halten. Also muss einer ganz früh raus. Nun denn. Wir genießen also unser letztes naturnahes Frühstück, schauen rüber zu den Nachbarn, die bereits alles packen. Nur eines nicht. Ihren Müll. Das fette, neuseeländische Pärchen lässt tatsächlich Essensreste, Trinkkartons, Einweggrills und Muschelschalen so liegen, wie es ihnen aus den Wursthänden gefallen ist. Leider sehen wir das zu spät. Und zum Glück nur dieses eine Mal, so dass wir uns immer noch einig sind: Die Neuseeländer sind das sauberste Völkchen, was uns bisher untergekommen ist. Mag sein, dass es in Singapur noch viel reiner ist – aber dort drohen ja auch gleich drakonische Strafen…

Unser Weg hoch in den Norden ist ein Auf und Ab durch hügelige Weinbaugegend. Oskar schläft seinen Vormittagsschlaf, dann fährt er wieder prustend und zappelnd selbst Auto. Was zu Beginn unserer Reise vor fast zwei Monaten kein Problem war, entwickelt sich jetzt zu einer heiklen Angelegenheit. Der kleine Mann kann den Gang raustreten. Kam er früher grade so an die Handschaltung, dass es richtig süß aussah, stampft er jetzt dagegen, dass das Getriebe ächzt und schnarrt und Haimon plötzlich Gas geben kann, wie er will, sich aber nichts tut. Und das bergauf. Schöne Bescherung! Ich sehe Oskars Schalt-Absichten auch nicht immer gleich, was zu manch einer Missstimmung im Cockpit führt. Als sich dann der Verkehr bergauf auch noch staut, sind wir doppelt auf der Hut.

In Kaikoura angekommen machen wir uns schnurstracks auf den Weg zum Whale Watching Büro. Und bekommen den ersten Dämpfer. Die Nachmittagsfahrten sind gestrichen – zu hoher Seegang. Und viel besser wird es morgen nicht. Und Oskar darf auch nach großem Betteln nicht mit, wie wir schon gehört hatten. Keiner unter fünf Jahren wird aufs Schiff gelassen, auch nicht in der Manduca. Also buchen wir zähneknirschend die Tour halb acht und um elf. Ich muss früh ran. Immerhin sollen da die Wellen zahm sein…Unser Mittagessen besteht diesmal übrigens aus thailändischen Spezialitäten. Sehr lecker. Und Oskar bezaubert mal wieder die asiatischen Angestellten. Sehr entspannend ;-)

Kaikoura

 Dass der Wind uns verfolgt, spüren wir mal wieder bei unserem Nachmittagsausflug auf die Kaikoura Peninsula. Was für ne steife Brise. Die reicht nicht nur für ein paar Quatsch-Fotos mit wehendem Haar, sondern hält mich davon ab, einen steilen Hügel hochzukrabbeln, auf dem Haimon schon sitzt – sitzt, wohlgemerkt. Um sich aufzurichten, fehlt ihm Kraft und Mut, so sehr pfeift es, und Oskar in der Manduca scheint nicht sehr amüsiert. Ich kapituliere wie gesagt auf halber Strecke, ein falscher Tritt und der Wind hätte mich runtergefegt. Das nächste Abenteuer wartet gleich um die Ecke. Wir haben beschlossen, um die Klippen herum am Meer zurück zum Parkplatz zu laufen. Ist ja bestimmt noch ne Weile Ebbe und wenn nicht – wir kommen schon wieder hoch, meint Haimon. Äh, ja. Doch da wäre noch etwas: die Robben. Haimon sieht sie mal wieder nicht oder eben viel zu spät. Und handelt sich diesmal mit seiner raubeinigen Art à la „Ich geh hier vorbei, ob es dir passt oder nicht“ ordentlich Ärger ein. Mit der Robbe und mit mir. Das dicke Biest (das Robbenmännchen) liegt auf einem Felsband genau auf unserem Weg. Haimon stapft kaum einen Meter über ihm vorbei. Und erntet bösartigstes Fauchen und Knurren. Das aufgebrachte Männchen sieht dann natürlich mich, ich will ja auch noch vorbei. Super! Ich kraxle mit gesenktem Kopf in gehörigem Abstand vorbei. Das Monster entspannt sich und macht schon wieder träge die Augen zu. Von null auf hundert auf null in weniger als einer Minute. Respekt!





Haimon und Oskar aufm Zuckerhut ;-)


Da liegt es, das dicke Ding!




Auf unserem Campingplatz herrscht Hochbetrieb, als wir zurückkommen. Kaum ein Platz ist noch frei, eng an eng stehen wir da. Neben uns Deutsche, eine Familie, die für mehrere Jahre in Singapur lebt. Und mal auf Kurzurlaub hier ist. Auch nicht schlecht. Uns gegenüber stehen Neuseeländer, die 1A-Kopie der Beckhams, sie klapperdürr, er ganz gut aussehend und über und über tätowiert. Die Freunde der beiden sehen aus wie Klone dieses Pärchens. Nett sind sie aber, erzählen Haimon was von Orcas, die sie heute auf der Whale Watching Tour gesehen haben. Oh! Wir sind gespannt… Oskar darf derweil nochmal im Pool planschen, für irgendwas müssen sich doch die 23 Euro p.P. gelohnt haben. Wir haben immerhin für den nächsten Tag einen Alternativplatz gleich in der Nähe ausgemacht, den wir uns morgen mal angucken wollen. Nun aber erstmal husch in die Federn. Bereit machen für die Kolosse der Meere J

Top-Ten-Romantik: eng an eng

Freitag, 8. August 2014

Bye bye, Berge!

Die Uhr tickt. Immer wieder, wenn wir Leute treffen und uns austauschen, wer wohin fährt, müssen wir uns damit anfreunden, dass wir uns auf der Schlussetappe befinden, während es für andere erst losgeht. Heute morgen war es für manche, für die es erst losging, allerdings auch schon wieder vorbei, vorerst zumindest. Wir kommen grad vom Frühstück mit Aussicht, als wir schemenhaft ein Wohnmobil am kleinen Hang sehen, eine Frau, wie sie grad noch so aus ihrem Camper flüchtet, bevor es rummst. Oh. Stand dort nicht auch unser Camper?! Wir gehen einen Schritt schneller, erkennen, dass unser Wagen heile ist, der unserer übernächsten Nachbarn aber hinten total eingedrückt, Scheiben zerborsten – weil ein anderer von der Terrasse obendrüber ihm reingerutscht ist. Die Verursacher, eine asiatische Familie, krabbeln aus dem Wagen. Sie wollten gerade los, als dem Fahrer von draußen klar gemacht wurde, dass er noch am Stromkabel hängt. Also springt er raus, um schnell den Stecker zu ziehen, vergisst aber, die Handbremse zu setzen. Ohne Not rollte der kleine Camper wieder rückwärts, immer der Schwerkraft nach. Zum Glück ist niemandem etwas passiert. Nur ist heut Samstag, und kaum ein Pannendienst zu erreichen. Oh weh…


Oskar spielt derweil noch mit Hölzchen und Stöckchen, viel spannender als sein Plastikspielzeug. Und die Enten hier erst! Elf Küken flitzen hinter einer Ente hinterher. Da staunt Oskar nicht schlecht. Recht widerwillig lässt er sich in den Camper verfrachten. Dabei fahren wir erstmal gar nicht weit. Unser Ziel ist nochmal der Mount John. Denn heute morgen sieht es viel klarer aus als gestern, ich habe Hoffnung, die hohen Berge zu sehen, ganz vermessen denke ich sogar, die Spitze des Mount Cook könne sich zeigen. Und erst jetzt, wo ich diesen Bericht schreibe und nochmals durch alle Bilder gucke, sehe ich, dass meine ganz kleine Hoffnung, vielleicht doch den größten Berg der Kiwis nochmal gesehen zu haben, sich erfüllt hat. Der Aoraki überragt die braune Bergkette vor ihm. So ganz anders sieht er aus, der Gigant. Hat eben verschiedene Seiten ;-)

Jajajajajaaaaaa!!!!!! Aoraki in seiner ganzen Schönheit!

und noch ein Schöner...

Wer entdeckt ihn, den Aoraki?

So gut es uns hier gefällt, wir müssen weiter. Tick-tack, tick-tack… Raus aus den wunderschönen Bergen. Wir machen Mittag in einem Ski-Ort nahe des Mount Hutt, ein kleiner 2000er mit schönen Pisten. Doch im Sommer ist Methven Village am Fuße des Berges wie ausgestorben, Oskar hat den schönen Spielplatz für sich allein und im Café alle Aufmerksamkeit des netten Personals für sich. Wir fahren entlang des Bergkamms, erhaschen nochmal ein paar Blicke auf hartnäckige Schneefelder und ein paar höhere Alpengipfel, bevor die Canterbury Plains immer dominanter werden, Kuhherden über die Wiesen ziehen, Schafe natürlich auch nicht fehlen.

Bye Bye, Berge!

Die Straßenschilder, die nach Christchurch weisen, ignorieren wir geflissentlich. Nein, noch nicht. DU kommst später dran. Erst wollen wir noch nach Kaikoura, Wale gucken. Und vorher einen Zwischenstopp einlegen. Wir haben einen DOC-Platz im Visier, der letzte, den wir auf unserer Reise ansteuern werden. Etwas abseits der Piste liegt Wooded Gully Campsite. Wunderschön an einem Feld am Wald, ein Flüsschen in der Nähe und natürlich einen kleinen Walk. Und kaum Leute. In jeder Ecke des Feldes steht später ein Camper. Wir rumpeln mit Oskar im Buggy den Waldpfad entlang, erfreuen uns am schiefen Gesang des Bellbirds und des Tuis, kaum noch wegzudenken bei unseren Spaziergängen. Wir begegnen dem etwas assligen, dicken Maori-Pärchen, das auch auf unserem Platz steht und grade ihren Kampfhund ausführen. Diese beiden werden später die einzigen Neuseeländer sein, denen wir in gut sieben Wochen begegnet sind, die ihren Müll in die Landschaft schmeißen… Nunja. Und ein Jäger kreuzt unseren Weg. Wir kommen grad aus dem Gebüsch, als er sich seine Flinte über die Schulter wirft und los geht. Huch. Eine Warnweste trägt er, aha, man will ja nicht selbst für einen Hirsch gehalten werden…

Bellbird!

Unser Krachmacher

Ein Jägersmann...

Unsere Wiese! (aber nicht unser Auto)

Abends kämpfen wir mal wieder mit Sandflies, die aus der Wiese aufsteigen. Irgendwie haben wir auch diese Biester fast schon liebgewonnen. Ganz still ist es nachts, kein Auto ist zu hören, nur die Morepork-Eule ruft uns zu. Ein kleiner, verfrühter Abschiedsgruß…

Donnerstag, 7. August 2014

Die Farbe Türkis

Früh am Morgen. ZU früh am Morgen!

 Auch an diesem Morgen begrüßt er uns stürmisch, der neuseeländische Wind. Dafür treibt er die Wolken vor sich her, schiebt sie immer mal wieder weg, sodass wir den Lake Tekapo in all seinen türkisen Schattierungen immer wieder bewundern können. Oskar hockt derweil eingemummelt in seinem Buggy und wartet aufs Frühstück. Der richtige Campingplatz liegt etwas erhöht vom Ufer weg. Kommt man aus der Küche, eröffnet sich das Kitsch-Panorama schlechthin: See und Berge. Leider vertreibt uns der Wind dann doch nach drinnen in ein provisorisch aufgestelltes, großes Zelt. Immerhin mit großem Fenster. Unser Plan heute: Rauf auf den Berg! Der Mount John, knapp über 1.000 Meter hoch, erhebt sich gleich neben dem Campingplatz. Ein karger Berg, der oben auf seinem Gipfel ein Observatorium beherbergt. Die Sternenwelt soll von hier besonders schön zu sehen sein, weil es kaum Lichtverschmutzung gibt, hier im Nirgendwo. Sterne werden wir tagsüber zwar nicht bewundern können, dafür doch aber sicher eine schöne Aussicht. Haimon will Oskar in der Manduca tragen, ich muss den Rucksack nehmen. Der kleine Deuter wiegt heute verdächtig viel. Haimon hat nicht nur heißen Tee eingepackt, auch für Kaltgetränke ist gesorgt. Ich trag doch so gerne!

Och nö. Nun auch noch raus hier?!

Der Weg schlängelt sich an einem Spaßbad vorbei, in dem bereits am Vormittag viele Menschen in heißem Wasser hocken und Kinder auf großen Reifen einen kleinen Hang runterrutschen. Wir stapfen stattdessen stetig bergauf, irgendwann verlassen wir den Nadelwald und es geht weiter über Steppenland, Felsen hier und da, über uns kreisen Greifvögel, und es wird immer stiller, nur der beständige Wind sorgt für ein Dauergeräusch in den Ohren. Oskar schlummert, als wir den Gipfel erreichen. Ein paar Wanderer sind hier. Der Rest der Gipfelgäste ist hinauf gefahren. Eine Straße endet genau vorm Café. Wie praktisch. Ich habe noch Gebetsfahnen aus Tibet dabei, irgendwie gehen die mir nie aus. Ich versuche, sie an die Felskanten zu klemmen, es dauert, bis ich das hinkriege. Wir sehen ihnen noch kurz zu, wie sie im Wind flattern, trinken heißen Tee und ein Bier. Frisch hier oben!




Das Observatorium lässt sich auf kleinen Pfaden gut umrunden. Und das sollte man unbedingt tun. Die Aussicht auf den Tekapo-See in all seiner türkis-dunkelblauen Pracht, die umliegenden Bergen, an denen sich Wolkenbündel stauen, Schneefelder hervorblitzen. Auch Oskar ist wieder wach und hält die Nase in den Wind. Ob er schon den Kaffee riecht, auf den wir uns freuen? Wir ergattern den letzten freien Tisch, ein paar Inder freuen sich mit uns – oder eher über einen voll aufgedrehten Oskar, der laut quietschend durch den engen Gastraum krabbelt. Und der Kaffee? War super. Wie überall in Neuseeland. Und auch sonst alles fein, kann man nur empfehlen, das Astro Café.







Zufrieden trudeln wir wieder ein auf unserem Platz. Wir haben tatsächlich nun einen richtigen Stellplatz bekommen, obwohl ich den am Ufer auch sehr schön fand. Wir haben noch ein bisschen Nachmittag zur Verfügung, einen sicheren Stellplatz – aber nicht mehr viel frisches Gemüse. Also auf in die City! Ins Dorf, ok. Denn wirklich groß ist Tekapo (zum Glück) nicht. Die Hauptattraktion ist die alte steinerne Kirche direkt am See. Ich frage mich, zu welcher Uhrzeit hier die Postkarten fotografiert wurden, die nur die Kirche zeigen und keine Menschenseele. Denn als wir ankommen, wimmelt es nur so von chinesischen Touristen. Eine Busladung nach der nächsten darf hier einen Fotostop einlegen. Ui. Und bevor die Kirche abgelichtet wird, muss Oskar wieder dran glauben, der ganz fotogen die Treppe allein hochkrabbeln will und dabei auch noch frech in die Kameras der Asiaten grinst. Das Gleiche wiederholt sich am Collie-Denkmal, das den treuen Hütehunden der hiesigen Farmer gewidmet ist. Oskar Fotostar. Wir nehmen es gelassen, manchmal müssen auch wir mit aufs Bild, während sich die Chinesen links und rechts bei uns einhaken. Peking ist manchmal näher als man denkt J

Zauberhafter Lake Tekapo

Von Paparazzi umringt

Ausblick

Kurz ohne Chinesen!
Wauwau!

Posing Oskar...


Am Abend nutzen wir die Gunst der Stunde und legen endlich mal unsere tollen Steaks auf die Gasgrills des Campingplatzes. Hmmmm…. und dazu die Aussicht. Hach. Hier könnte ich bleiben. Dass in der Zwischenzeit unser Spüli von anderen Campern fleißig benutzt wird und wir unsere steak-verschmierten Teller gar nicht mehr damit waschen können, weil es aufgebraucht ist, tut der Stimmung keinen Abbruch. Wir müssen eher über die eigene Blödheit lachen. Als Oskar im Traumland verschwunden ist, lassen wir ihn wieder allein und gehen nochmal ans Seeufer. Wir treffen einen Leipziger und freuen uns über Heimatklänge. Am Morgen hatten wir Thüringer kennen gelernt, aber die waren komisch. Geht halt nichts über Sachsen. Vielleicht noch die Kölner. Da war aber grad keiner da J


Abendbrotplatz



Dienstag, 5. August 2014

Vom Regen zum Schnee zur Sonne

Es ist die härteste Nacht für unseren Camper. Er wird vom Sturm durchgerüttelt und vom Regen gepeitscht. Stundenlang. Der Toyota Hiace schaukelt und wackelt. Was wäre, wenn wir nicht drin sitzen würden? Besser: drin liegen. Denn mittlerweile schockt uns nichts mehr, was draußen abgeht. Unsere einzige Sorge ist mal wieder: Wie bleiben wir trocken? Zwischen uns liegt oben ein selig schlummernder Oskar, weiter unten ein tiefer Teller, der die Tropfen, die beharrlich aus der Lüftung im Dach kommen, auffängt. Doch nicht nur von oben droht Ungemach. Auch von der Seite. Der Wind drückt den Regen waagerecht an unsere Fenster. Der alte Gummi ringsum hat es aufgegeben und lässt mittlerweile recht viel durch, was unsere Matratzenränder einnässt. Wir behelfen uns mit den aufgerollten Handtüchern, die wenigstens ein bisschen die Nässe fernhalten sollen. Doch wir trösten uns auch: In der Nähe hocken verzweifelte Camper in Zelten. Das muss noch viel ekliger sein.

Bei dem Wind draußen besser festhalten!

Irgendwie gibt es mal ein kurzes Wolkenloch und wir sprinten mit Oskar unterm Arm und den Frühstückssachen rüber in den kargen Küchenraum. Unsere Franzosen sind auch schon da. Hart im Nehmen, die drei, planen sie doch eine Wanderung, komme, was wolle. Wir haben so gar keine große Lust aufs Nass werden und fahren erstmal in den Ort ins Café. Sehr urig, der Laden, wenn auch teuer. Das Old Mountaineers‘ hatte Sir Hillary persönlich eröffnet. Und irgendwas vom alten Bergsteigergeist ist auch geblieben, und sei es nur der Charme einer rustikalen Hütte. Weitere große Sehenswürdigkeit vor Ort ist das Visitor Center nebenan – ohne Witz. Denn neben dem DOC-Büro, das heute vernichtende Wetterprognosen für uns parat hält, ist hier ein wunderschönes Museum untergebracht, das sich der Bergwelt verschrieben hat. Ich klebe lange an Berichten über verschollene Bergsteiger, an alten Bildern von Hillary und Co, alten Filmen, während Oskar die ausgestopfte Gams an der Treppe für sich entdeckt und im Untergeschoss, dass sich der Flora, Fauna und Geografie der Berge und weiteren Besonderheiten des Bergsteigens widmet, fröhlich quietschend all die anderen Exponate begutachtet (heißt, schöne Fettfinger und begeisterte Spuckereste an angetatschten und –geleckten Vitrinen hinterlässt…). Wir verbringen hier den ganzen Vormittag, dank des schlechten Wetters. Zum Mittagessen sitzen wir dann wieder im Old Mountaineers‘ und treffen – natürlich die Franzosen. Die empfehlen uns auch bei schlechtem Wetter, rüber zum Tasman Lake zu fahren, in den der Tasman Gletscher kalbt, und auf dem noch richtige Eisberge rumschwimmen. Na gut. Auf geht’s!

Wir schreiben den 2. Januar. Winter in Deutschland – und in Neuseeland grade auch. Es sind tatsächlich kleine, nasse Flöckchen, die der Wind uns ins Gesicht klatscht und die Oskar in der Manduca sitzend mit seinem Mund erhaschen will. Wir sind dick eingepackt, kommen trotz der äußeren Kälte aber ins Schwitzen, so steil geht es hinauf auf einen Hügel, dem Moränenwall des Tasman Gletschers. Von oben blickt man auf die Blue Lakes. Eigentlich sehen wir nur einen See, aber egal, wir ahnen, wie schön das Panorama erst sein muss, wenn das Wetter besser ist. Eine Deutsche neben uns beäugt uns und den mittlerweile schlafenden Oskar. „Mein Sohn hat hier mit gut zehn Monaten seinen ersten Schritt gemacht“, sagt sie dann. Aha. „Und er hat mir immer vorgeworfen, dass er sich an nichts von der wunderschönen Reise damals erinnern kann, viele Jahre lang.“ Oh. „Und nun sind wir wieder hier. Wir besuchen ihn beim Work and Travel und nehmen ihn dann wieder mit heim.“ Sagt’s und klopft einem jungen Mann um die 20 auf die Schulter. Schluck. Ob Oskar auch mal so wird?! …

Blue Lakes

Schneeflocken essen!

Wir stapfen weiter gegen den eisigen Wind. Nur ein Hügelausflug reicht uns nicht, wenn wir schon mal hier sind, wollen wir alles sehen. Die Eisberge! Und tatsächlich, schmutzig-grau-braun liegt er da, der Tasman Lake. Und zwischendrin funkelt es bläulich-weiß. Mehrere Brocken Gletschereis schwimmen auf dem Wasser. Ziemlich große Brocken. Wir starren aufs Wasser, erkennen die Gletscherkante, die mehr als haushoch sein soll, doch so weit weg ist, dass man es gar nicht einschätzen kann, wie groß hier wirklich alles ist. Der Himmel sieht immer noch nicht freundlicher aus. Also kehren wir schweren Herzens dem Aoraki den Rücken zu. Hat er sich diesmal also versteckt, der Mount Cook. Schade. Müssen wir eben wiederkommen J





Das Faszinierende an der Weiterfahrt war der Wetterwechsel. Auf einmal war sie wieder da, die Sonne, leuchtete der Lake Pukaki neben der Straße wieder unwirklich türkis, strich die Luft wieder wohlig warm übers Gesicht. Nur die Waschküche hinter uns zeugte noch vom eisigen Vergnügen des bisherigen Tages.

Wir fahren mal wieder auf einer der schönsten Straßen der Welt. Hochlandsteppe mit blühenden Blumen versetzt neben uns, in der Ferne schneebedeckte Berge. Ab und an türkise Kanäle, Teile des gigantischen Wasserkraftprojektes hier. Unser Ziel ist der Lake Tekapo. Der Campingplatz direkt am Wasser soll begehrt sein, wir sind aber schon echt spät dran. Alternativen gibt es so richtig nicht, will man nicht illegal frei campen. Als wir die Einfahrt runterruckeln, sehen wir’s schon: Voll. Oh weh. Doch die Besitzer machen gute Geschäfte mit den Zu-spät-Kommern. Die dürfen nämlich trotzdem rein, können direkt am Kiefernhain vorm Ufer stehen. Einzig Toiletten und Küchen sind ein ganzes Stück weit weg. Aber wen schert’s, bei dem Panorama?!



Lichtspiele am Lake Tekapo

Nur einer ist uns gefolgt. Mal wieder. Der Wind. Am Lake Tekapo bläst er genauso unerbittlich wie am Mount Cook. Oskar versucht sich mal wieder am alleine Laufen, doch bei dem Gegendruck – keine Chance. Und die Steine hier, ach, die sind doch auch ganz nett. Werden die eben angeleckt und rumgeworfen!